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BIOSCIENCE- BIOLOGIE der GÄRUNG

ENERGIESTOFFWECHSEL, GÄRUNGEN - Energiegewinn ohne Sauerstoff

SAUERSTOFF - Feind oder Freund des Brauers?         

    

Inhaltsverzeichnis

Gärungstypen

Abb. 1. Gärungen als Notmechanismus zur Energiegewinnung.                                      [Quelle: Weber, Biologie Oberstufe. 2. Aufl. (2009), S. 108]          05.08.2021                   
 

Energiestoffwechsel
1. ENERGIE: ohne Energiestoffwechsel kein Leben         TOPINFO    wichtige BEGRIFFE: siehe GLOSSAR Biochemie
 

Brennstoffe bzw. Energieträger sind uns im Alltag bestens vertraut: Benzin zum Autos fahren, Elektrizität für Eisenbahnen, Industrie und alle Arbeitsleistungen zuhause wie Kochen, Staubsaugen, Lichterzeugung, Warmwassererzeugung, Betrieb elektronischer Geräte wie Computer, Kamera, Handy/Smartphone, Holz und Kohle für Heizzwecke.

 

Auch Lebewesen vom Einzeller (Bakterien, Hefen) bis zum Vielzeller (Pflanze, Tier, Mensch) brauchen ständig Energieträger, entweder energiereiche Nahrungsmittel oder - exklusiv nur Pflanzen und gewisse Bakterienarten - Sonnenlicht für die Fotosynthese. Die Nahrungsmittel werden primär als Betriebsstoffe für den Energienachschub (Mensch: ca. 80-90%) im Stoffwechsel umgewandelt (Energiestoffwechsel --> universelle biologische Energiewährung ATP [Adenosintriphosphat]). Nur einer kleiner Anteil wird als Baustofflieferant für die Grundbausteine aller Körpersubstanzen eingesetzt (Baustoffwechsel --> Aminosäuren der Eiweisse, Fettsäuren, Kohlenhydrate, cf. Kurzinfo). Dieser ständig notwendige Energienachschub wird für alle biologischen Arbeiten benötigt, z.B. Erhaltung der Körperwärme, Aufrechterhaltung körperlicher Funktionen (z.B. Gehen, Muskeltätigkeit, Verdauung, Herzschlag, Organfunktionen etc.), Aufrechterhaltung geistiger Funktionen, Wachstum,  Fortpflanzung, Regeneration verlorengegangener Körperbestandteile (z.B. Haut, Haare, Fingernägel), Stoffwechseltätigkeiten wie Aufbau der Zellen/Organe. Auch einzellige Lebewesen benötigen für manch ähnliche Funktionen laufend Energie.

 

Energie kann grundsätzlich auf 4 Arten gewonnen werden, nämlich durch

  1. Fotosynthese - Aufbau von Energieträgern wie Zucker/Stärke C6H12O6/(C6H12O6)n mittels Sonnenenergie aus Wasser H2O und Kohlenstoffdioxid CO2 - nur Pflanzen und wenige Bakterienarten (z.B. Cyanobakterien, allg. phototrophe Bakterien) = sog. Produzenten: 6 CO2  + 6 H2O  + Sonnenenergie --> C6H12O6 + 6 O2 (Kurzinfo, cf. auch Glossar).

  2. Aerobe Atmung  - klassische Atmung mit Luftsauerstoff O2, z.B. Abbau von Zucker/Stärke zu Wasser und Kohlenstoffdioxid: C6H12O6 + 6 O2 + 32 (ADP + Pi) --> 6 CO2 + 6 H2O  + 32 ATP) - Atmer, Aerobier: alle Tiere, Mensch, Pflanze, Bakterien, Hefen (Kurzinfo; cf. auch Glossar)

  3. Anaerobe Atmung - Atmung ohne Sauerstoff - nur gewisse Bakterien, z.B. Methanbakterien (Kurzinfo).

  4. Gärungen - Atmung ohne Sauerstoff durch unvollständigen Abbau eines organischen Moleküls, z.B. alkoholische Gärung durch Zuckerabbau: Zucker C6H12O6 + 2 (ADP + Pi)  -->   2C2H5OH + 2CO2 + 2 ATP - Gärer, Anaerobier: Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen (Kurzinfo).

 

 

2. GÄRUNG: Energiegewinnung ohne Sauerstoff

 

Bei Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen kommen verschiedene Formen der Gärung vor. Zwei bekannte und wichtige Formen sind die alkoholische Gärung (Ethanolbildung, überwiegend durch Hefepilze und Bakterien) und die Milchsäuregärung (hauptsächlich durch Milchsäure-bakterien). Daneben gibt es noch 6 weitere wichtigere Gärungsformen: 2,3-Butandiol-Gärung, Ameisensäuregärung, Buttersäuregärung, Gemischte Säuregärung, Homoacetatgärung und die Propionsäuregärung. Allen Gärungen ist gemeinsam, dass sie vom Endprodukte der Glykolyse, der Brenztraubensäure (= Pyruvat) ausgehen und nur unter anaeroben Bedingungen stattfinden, d.h. sie sind nicht auf Sauerstoff angewiesen, liefern aber bedeutend weniger Energie in Form von "biologischem Treibstoff", den ATP-Molekülen.

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Mikro-

organismen      

 Infoeinschub  

Mikroorganismen (Mikroben, Kleinstlebewesen) sind mikroskopisch kleine Organismen, die als Einzellebewesen nicht mehr von blossem Auge sichtbar sind. Sie kommen meist als Einzeller vor, es gibt aber auch wenigzellige Mikroorganismen. Zu den Mikroorganismen zählen  Bakterien (z. B. Milchsäurebakterien), Archaeen (z.B. Methanbildner), Mikropilze (z. B. Backhefe, Bierhefe), Mikroalgen (z. B. Kieselalgen, Grünalgen) sowie tierische Einzeller (Protozoen, z. B. das Pantoffeltierchen, Amöben oder der Malaria-Erreger Plasmodium).  Viren sind ohne eigenen Stoffwechsel und daher keine Lebewesen, werden aber trotzdem als  ein Teilgebiet der Mikrobiologie angesehen (Virologie), ebenso wie die Prionen (infektiöse Eiweisspartikel) (Kurzinfo Mikroorganismen).

Bakterien und Archaeen (= Prokaryoten) sowie Viren sind kernlos, Mikropilze, Mikroalgen und Protozoen sind kernhaltig (= Eukaryoten).

 

Mikroorganismen nehmen im Stoffkreislauf der Natur wichtige Funktionen wahr: Zum einen bilden sie als Produzenten (z. B. Mikroalgen) die Grundlage vieler Nahrungsketten, zum anderen bauen sie als Zersetzer (Destruenten) organische Materie zu anorganischen Stoffen ab. Einige Mikroorganismen sind für die Ernährung von Bedeutung, einige für erwünschte Stoffumwandlungen (beispielsweise Antibiotika-Produzenten), andere sind Parasiten und Erreger von Infektionskrankheiten. In der Biotechnologie gewinnen die Mikroorganismen ständig an Bedeutung. Die Mehrzahl der Mikroorganismen ist für uns Menschen nützlich bis harmlos, nur wenige  sind für uns heikel (Infektionserreger).

 

Mikroorganismen übertreffen alle anderen Lebewesen bei weitem an Zahl und stellen mit 70 Prozent den grössten Anteil an lebender Materie (Biomasse).

Gärungsstoffwechsel
Hefe: Energiestoffwechsel

Stoffwechsel der Hefen: Hefen können sowohl als Atmer (Aerobier) wie auch als Gärer (Anaerobier) leben, sie sind somit fakultative Aerobier. In Gegenwart von Sauerstoff und sehr geringen Zuckerkonzentrationen veratmen die Hefen Zucker vollständig zu CO2 und Wasser und gewinnen dabei genügend biologische Energie, die sie zum Wachstum und zum Aufbau neuer Zellen nutzen (Zellvermehrung). Ist die Luftzufuhr (Luftsauerstoff) für Hefen vorhanden und herrscht ein Glukoseüberschuss vor, der die Aufnahmekapazität der Atmungskette überschreitet (Konzentrationen von mehr als 0.1 g/L), so schalten sie ihren Stoffwechsel auf die alkoholische Gärung um (= Crabtree-Effekt, benannt nach dem Biochemiker H.G. Crabtree). Ist kein Sauerstoff vorhanden, aber Zucker, so vergärt sie den Zucker zu Ethanol und CO2. Diese anaerobe alkoholische Gärung hilft ihnen, eigentlich lebensfeindliche Umweltbedingungen zu überleben, obwohl das energetisch höchst ungünstig ist (cf. unten). Der französische Mikrobiologe Louis Pasteur (1822-1895) entdeckte 1861, dass Hefe ohne Sauerstoff mehr Glukose verbraucht als in O2-reicher Umgebung: das ist der sog. Pasteur-Effekt. Die Hefen müssen unter anaeroben Bedingungen weit mehr Zuckermoleküle verarbeiten als unter aeroben Bedingungen, um die Energieverluste zu kompensieren. Fazit: Ob die Hefe atmet oder gärt, hängt also primär von der Zucker- und Sauerstoffversorgung ab. Im Brauprozess wird durch den hohen Zuckergehalt der Bierwürze sofort der Crabtree-Effekt wirksam, d.h sie schaltet auf die anaerobe alkoholische Gärung um.

 

Milchsäuregärung und Alkoholische Gärung (Fermentationen: M-Gärung, A-Gärung)

Beide Gärungsformen sind in der Bierherstellung von grosser Bedeutung. Die alkoholische Gärtung kommt bei jedem Biertypus zum Einsatz, während die Milchsäuregärung gezielt nur bei den "Sauerbieren" (engl.  sour beer) wie Berliner Weisse, belgische Lambic oder Geuze-Biere eingesetzt wird (Info, Zusatzinfo).

 

Beim effizientesten, also ertragsreichsten Abbau energiereicher Nährstoffe wie Stärke via Zuckereinheiten (z.B. Glukose) durch die aerobe Atmung (syn. Respiration, Veratmung, Atmungsstoffwechsel, aerobe Atmungskette) mit Luftsauerstoff werden pro Glukosemolekül 32 biologische Energiewährungs-einheiten in Form des ATP-Moleküls gewonnen: C6H12O6 + 6 O2  + (32 ADP, 32 Pi)  -->  6 CO2 + 6 H2O + 32 ATP. Steht aber kein oder nicht ausreichend Sauerstoff zur Verfügung, muss die Zelle ihren "Abbaustoffwechsel" (Katabolismus) ändern. Einen Ausweg stellen die Gärungen dar - die abbauenden Prozesse verlaufen zwar nicht vollständig zum CO2 und liefern nur relativ wenig ATP, ermöglichen es der Zelle aber, unter sauerstofffreien (aeroben) Bedingungen weiterzuleben: Anerobe alkoholische Gärung C6H12O6 + (2 ADP, 2 Pi, 2 H+) --> 2 Ethanol C2H5OH + 2 CO2 + 2 ATP + 2 H2O. Die Energieausbeute von nur 1/16 im Vergleich zur aeroben Atmung  (2 ATP vs. 32 ATP) zwingt die Gärerzellen wie Hefen, wesentlich rascher Stärke bzw. Zucker zu verstoffwechseln, um die gleichen biologischen Funktionen erfüllen zu können wie die Aerobier z.B. Zellteilung/ Zellvermehrung und Aufbau neuer Zellen. Dabei wird in Kauf genommen, dass sogar energiereiche Produkte aus der Zelle ausgeschieden und nicht weiter genutzt werden können wie eben Ethanol! Dass Ethanol immer noch energiereich ist, wissen wir beim Anzünden von Brennsprit z.B. beim Fondue. Dieser für Mikroorganismen sehr ineffiziente Stoffwechselvorgang zur Energiegewinnung ist für den Menschen von grossem Vorteil, nämlich die Ausscheidung der für die Mikroorganismen "unnützen" Endprodukte wie Alkohol oder Milchsäure in grossen Mengen. Diese Tatsache wird besonders in der Biotechnologie bei manchen mikrobiellen Produkten zu Nutze gemacht.

 

 

Ein genauerer Blick auf die M- und A-Gärung

Beide Formen der Gärung beginnen mit dem biochemischen Stoffwechselprozess der Glykolyse ("Zuckerabbau"). Dabei werden pro Glucosemolekül (Traubenzucker, C6H12O6) zwei Moleküle des biologischen Energieträgers ATP gebildet sowie Pyruvat (auch Brenztraubensäure genannt, ein C3-Körper H3C-CO-CO-OH, Summenformel C3H4O3, cf. Abb. alkoholische Gärung).

Mikroorganismen.jpg

siehe auch: Mikrobenzirkus

Stoffwechsel_übersicht.jpg

Abb. 2. Wege der Energiegewinnung.

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Zuckerverstoffwechslung läuft zunächst über die Glycolyse ("Zuckerauflösung") von C6 (Glucose) zum C3 (Pyruvat).

Mit Sauerstoff O2 kann die Zellatmung einsetzen (--> liefert viel Energie als ATP). Ohne O2 kann die Gärung ablaufen, die wenig ATP liefert, z.B. in Hefen als alkoholische Gärung (Endprodukte C2 [Ethanol] und CO2), oder in Bakterien als Milchsäuregärung (C3 [Lactat bzw. Milchsäure]).

GLYKOLYSE     Zuckerabbau                 Infoeinschub             Info 

Glykolyse

Abb. 3. Ein ganz entscheidender Stoffwechselpfad: Die Glykolyse. 

Sowohl die aerobe Atmung wie auch die Gärung beginnt mit der Zuckerzerlegung, der Glykolyse.

 

Der Glukoseabbau verläuft über 9 Zwischenprodukte, die alle  durch insgesamt 10 Enzyme (Nr. 1-10) ermöglicht und beschleunigt werden.

Die Glykolyse hört mit einer C3-Substanz, dem Pyruvat (Brenztrauben-säure) auf. Diese Substanz wird sowohl in der anschliessenden aeroben Atmung als auch in der anaeroben Gärung (Fermentation) weiter verstoffwechselt.   

 

Die anschliessende alkoholische Gärung wie auch die Milchsäuregärung benötigen weitere Enzyme (Nr. 11 bzw. Nr. 12-13)   

[Quelle: Brock Mikrobiologie kompakt, 13. Aufl. (2015), S. 96]

Bilanz des Zuckerabbaus (Glykolyse): C6H12O6 [Traubenzucker = Glukose] + 2 ADP [entwerteter biol. Energieträger]+  2Pi [Phosphat] + 2 NAD+ [Wasserstoffüberträger = Elektronenüberträger] --> C3H4O3 [Pyruvat, wichtiger Zwischenstoff als "Drehscheibe" im Gesamtstoffwechsel]  + 2 ATP + 2 NADH + 2 H+ (abgekürzt NADH2) + 2 H2O.

Vereinfacht: C6H12O6 --> 2 C3H4O3 + 2 ATP

 

Nach der Glykolyse wird ein Mechanismus benötigt, der die Regeneration des Wasserstoff- bzw. Elektronenüberträgers NAD+ aus NADH steuert. Ohne diese Regeneration wäre der Zellvorrat an NAD+ schnell erschöpft und die Gärung käme zum Erliegen. Im Unterschied zur aeroben Zellatmung, bei der das in der Glykolyse entstehende NADH seine Elektronen auf die sog. Atmungskette zur sehr effizienten Bildung von ATP überträgt, werden sie bei der Gärung an das Zwischenprodukt Pyruvat C3H3O3- abgegeben.

 

Bei der alkoholischen Gärung wird Pyruvat C3 in zwei Reaktionsschritten zum Alkohol Ethanol C2H5OH umgewandelt. Zunächst wird aus dem C3-Molekül Pyruvat ein C als CO2 abgespalten, es entsteht das C2-Molekül Acetaldehyd C2H4O, das im zweiten Reaktionsschritt durch NADH (Elektronen- bzw. H-Überträger) zu Ethanol reduziert wird. Dieser Vorgang wird zum Bierbrauen, zur Wein-/Schaumweinherstellung, für Cidre, Sake, Branntweine (Rohstoffbasis Wein --> Weinbrand, Cognac, Armagnac; Zuckerrohrsaft oder Melasse --> Rum, Arrak); Getreide --> Korn, Whisky); Kartoffeln --> Wodka; Obst --> Obstwasser, Obstgeist;  Agavenpulpe --> Tequila u.a.), Reiswein (Sake) und über das abgespaltene Gas CO2 auch zum Backen genutzt.  

Abb. 4. Gärungen beginnen als Zuckerabbau (C-Atome: schwarze Kugeln; H- bzw.  e-

[Elektronen]-Überträger] NAD+ gelb. Oben: Zuckerabbau, unten: 2 wichtige Gärungen.

Links: Milchsäuregärung. Bilanz: Glucose + 2 (ADP + Pi) --> 2 Lactat + 2 ATP                             

Rechts: Alkoholische Gärung. Bilanz: Glukose + 2 (ADP + Pi) --> 2 Ethanol + 2CO2 + 2 ATP       

[Quelle: Markl Biologie. 1. Aufl. (2010), S. 113 (modifiziert). Abb. mit mehr Details: hier klicken!]

 

Milchsäuregärung: Die Milchsäuregärung wird nicht nur von Mikroorganismen bei Sauerstoffabwesenheit angewandt, sondern auch bei den meisten Tieren und beim Menschen (!).

Beispiel: Sie erklimmen mit dem Mountainbike einen steilen Berg, der kleinste Gang ist bald nicht mehr ausreichend. Sie müssen absteigen, aber der Berg ist noch nicht überwunden. Ihr Puls und ihre Atemfrequenz sind bald am Limit. Ihre Oberschenkel beginnen nun auch noch zu brennen: Das tut richtig weh! Jetzt bleibt nichts mehr übrig als abzusteigen und auszuruhen. Was ist da physiologisch betrachtet passiert? Die Muskelzellen ihrer Beine mussten von aerober Energiegewinnung (klassische Atmung, siehe oben) auf anaerobe Energiegewinnung umschalten, da nicht mehr ausreichend Sauerstoff O2 via Blutbahn geliefert werden konnte. Aber das ist nur eine kurzfristige Notlösung, denn in Abwesenheit von Luft-O2 kommt die Reaktionskette der aeroben Atmung, die sog. Atmungskette der Zellatmung fast vollständig zum Erliegen.

 

In der Milchsäuregärung nun wird das Endprodukt der Glykolyse, das Pyruvat, zu Milchsäure (Lactat) reduziert und gleichzeitig NADH zu NAD+ oxidiert (vgl. Abb. 4). Physiologisch betrachtet ist aber die Bildung von Milchsäure eine Sackgase, denn diese Säure muss aus den Muskeln über das Blut zur Leber gebracht werden. Der Lactatspiegel wäre unmittelbar nach dem Absteigen vom Mountainbike deutlich erhöht gewesen. Die dadurch angehäufte "Sauerstoffschuld" muss in der Erholungsphase wieder abgetragen werden: d.h. das energiereiche Lactat H3C-HCOH-COO- (Summenformel C3H5O3-) wird in der Leber wieder in Glukose zurückverwandelt. Doch das ist nicht nur zeitraubend, sondern kostet auch noch Energie in Form von ATP und dafür wird viel Sauerstoff gebraucht: man atmet also noch lange heftig.

 

Mikroorganismen wie die Milchsäurebakterien scheiden aber einfach die "störende" Milchsäure ins Aussenmedium aus: die Milch wird sauer und bricht dann (Eiweisse werden durch Säuren ausgefällt), die Bierwürze wird sauer, bis ab einem bestimmten tiefen pH-Wert (Säuregrad) auch die Mikroorganismen in ihrer Stoffwechseltätigkeit blockiert werden, da die verantwortlichen Enzyme auf den pH-Wert empfindlich reagieren. Enzyme haben immer ein pH-Optimum, z.B. die Stärke abbauenden Amylasen um pH 5.2- 5.7.

Beteiligte Organismen: Milchsäurebakterien wie Lactobacillus acidophilus, L. casei, L. lactis, L. bulgaricus, L. helveticus, L. delbrueckii, L. bifidus, L. brevis, Leuconostoc mesenteroides, Streptococcus pyogenes,  u.a.

Die Milchsäuerung wird genutzt: 1. Milchsäuerung (Sauermilch, Sauerrahm, Joghurt, Kefir, Buttermilch), 2. Gemüse (Sauerkraut), 3. Futtermittel (Silage).

 

 

ATP NADH

ATP     NADH/H+     Schlüsselmoleküle: Energieträger              Infoeinschub

ATP ist ein Schlüsselmolekül in der direkten Energielieferung, die universelle "biologische Energiewährung" schlechthin. ATP ist der zentrale und entscheidende Energieträger aller Organismen! Immer wenn es darum geht, Energie kurzfristig zu transportieren, sher kurzfristig zu speichern oder andere Moleküle in einer Stoffwechselkette (= hintereinander ablaufende biochemische Reaktionen wie z.B. Glykolyse)  zu aktivieren, also "reaktionsfähig" zu machen, nutzen alle Zellen fast immer Adenosintriphosphat ATP. Das Molekül besteht aus einem Baustein Adenosin (= eine Aminosäure Adenin, Baustein von Eiweissen und dem Zucker Ribose) und einer 3er-Kette von Phosphatgruppen. Die Besonderheit des ATP liegt in der  3. Bindung der Phosphatgruppen: diese kann durch Anlagerung von Wasser leicht gespalten werden (= hydrolytische Spaltung). ATP ist folglich relativ instabil und die viele bei der Hydrolyse freiwerdende Energie kann für andere Reaktionen in Form einer energetischen Kopplung (vgl. Glossar Biochemie > energetische Kopplung) genutzt werden: ATP + H2O <--> ADP + Pi  + 30.5 kJ/mol. ATP gibt auch bereitwillig eine Phosphatgruppe an andere Moleküle ab und hat somit ein hohes Gruppenübertragungspotenzial für Phosphat (= Phosphorylierung; vgl. Glossar Biochemie > Glykolyse, Abb.).

                                                                                                                                                   

                                                                                                                                                   Die Bedeutung des ATP für den Menschen zeigt sich auch

                                                                                                                                                   quantitativ: Ein erwachsener Mensch produziert und hydrolysiert  

                                                                                                                                                    jeden Tag etwa 40 kg ATP. Bei einer Gesamtmenge von nur ca. 50 g

                                                                                                                                                    ATP pro Mensch entspricht das einer hohen Regeneration:

                                                                                                                                                    durchschnittlich in jeder Minute einmal, also mehr als 800x pro

                                                                                                                                                    Tag. Dieser enorme Umsatz wird zu 90% von den "Atmungszentren"

                                                                                                                                                    der Zelle, den Mitochondrien bereitgestellt. Diese Zellorganellen  

                                                                                                                                                    nehmen das ADP und das Phosphat Pi auf, das bei der Hydrolyse  

                                                                                                                                                    von ATP anfällt und regenerieren daraus ATP. Dies ist aber nur bei

                                                                                                                                                    der aeroben Zellatmung möglich, wenn pro 1 Glukosemolekül 32

                                                                                                                                                    ATP-Moleküle anfallen. Bei der sauerstofffreien Notlösung zur  

                                                                                                                                                    Energiegewinnung, der alkoholischen Gärung, fallen nur gerade 2

                                                                                                                                                    ATP-Moleküle pro Glukose an. Kein Wunder, dass die Hefezellen  

                                                                                                                                                    unter Luftabschluss wie verrückt den Zucker umsetzen müssen, 

                                                                                                              um genügend ATP für ihr Überleben gewinnen zu können!

Abb. 5. Bau der biologischen Energiewährung ATP, seine Spaltung unter Wassereinfluss (Hydrolyse) in ADP und Pi.     

[Quelle: Markl Biologie, 1. Aufl. (2010), S. 67]

 

In den Mitochondrien der kernhaltigen Zellen, z.B. beim Menschen wie ebenso bei wachsenden und sich vermehrenden Hefezellen wird der Luftsauerstoff benötigt, um in der sog. Atmungskette zur effizienten ATP-Produktion die aus dem Wasserstoff H der energiereichen Nahrungsmoleküle wie Stärke bzw. deren Grundbausteinen  - Einfachzucker wie Glukose C6H12 O6 - stammenden Elektronen e- und Protonen H+ aufzufangen und abzuführen, um keinen Produktionsstau zu verursachen. Die summarische Reaktion der explosiven Knallgasreaktion 2 H2 + O2 --> 2 H2O + Energie (572 kJ/mol) läuft in den Zellen auf viele kleine Teilschritte aufgeteilt moderiert, also sehr sanft ab. Der Wasserstoff H (= Protonen H+  + Elektron e-) wird an manchen Stellen des aeroben und auch anaeroben Stoffwechsels abgezapft und auf den H- bzw. e- -Überträger NAD+ abgegeben: NAD+ fungiert also als  H/Elektronenfänger und Überträger NAD+  +  2 H+/e-  --> NADH/H+. 

 

                                                                                                                                      Fazit: Beim aeroben Stoffwechsel wird der Sauerstoff nicht zur Bildung                                                                                                                                             des ausgeatmeten bzw. abgegebenen CO2, sondern in den Mitochondrien
                                                                                                                                       zur Bildung von Wasser verwendet. Die Elektronen zum Betrieb der                                                                                                                                                      aeroben Atmungskette und damit zur Synthese von ATP stammen aus der                                                                                                                                          Nahrung. Nahrung wird also nicht "verbrannt", wie das der Ausstoss des

                                                                                                                                      CO2 nahelegt, sondern oxidativ zu CO2 zerlegt und die Energie der    

                                                                                                                                      Elektronen in sanften Teilschritten letztlich unter ATP-Gewinn auf Sauerstoff 

                                                                                                                                      übertragen.

                                                                                                                                      Beim anaeroben Stoffwechsel wird der z.B. aus der Glukose C6H12O6  

                                                                                                                                      abgezapfte H nur zum kleinsten Teil zur ATP-Synthese genutzt ( sog.  

                                                                                                                                      Substratkettenphosphorylierung), der Hauptteil wird via Reduktion des

                                                                                                                                      Pyruvats im Alkohol  Ethanol C2H5OH gespeichert und somit energetisch

                                                                                                                                      ungenutzt aus der Zelle ausgeschieden.

 

Abb. 6. Der Wasserstoff H bzw. Protonen H+ und Elektronen e- - Überträger NAD+. NAD+ verhilft zu

Oxidationen, NADH/H+ verhilft zu Reduktionen oder in der zellulären Atmungskette zum ergiebigen ATP-Gewinn.

[Quelle: Markl Biologie, 1. Aufl. (2010), S. 107, modifiziert]

Alkoholische Gärung und unerwünschte Fremdaromen

Bier wird durch die alkoholische Fermentation von Getreide hergestellt. Durch die Keimung der "Stärkespeicher" Gerstenkörner bauen die pflanzlichen Enzyme die enthaltene Stärke zum Doppelzucker Maltose (Malzzucker) ab, die von der Hefe vergoren werden kann. Es entstehen aber nicht nur grossen Mengen an Kohlenstoffdioxid CO2 und trinkbarem Alkohol Ethanol C2H5OH (H3C-CH2-OH), sondern auch diverse Gärungsnebenprodukte (GNP, syn. Bukettstoffe, > 1000 verschiedene Stoffe, cf. Abb. 7), darunter gewünschte und unerwünschte Aromastoffe: Die Biosynthese von Aminosäuren führt zu Nebenprodukten, zu denen sowohl erwünschte Geschmacksstoffe (langkettige Alkohole, syn. höhere Alkohole, Fuselöle) und ca. 90 verschiedene Ester als auch unerwünschte Fremdaromen wie Acetaldehyd C2H4O  (H3C-CO-H), Diacetyl H3C-CO-CO-CH3 (C4H6O2) und Schwefelverbindungen gehören.

Die Nebenprodukte können je nach Bierstil zum typischen Geschmack beitragen. Sind diese Nebenprodukte jedoch in zu grossen Mengen vorhanden, entsteht ein unerwünschtes Fremdaroma. 

Einige dieser Fremdaromen bilden sich durch die Anwesenheit von Sauerstoff O2, der zum Wachstum und Vermehrung der Hefen notwendig ist, da es sich bei den Hefen um keine echten anaeroben Organismen handelt und einige Zellkomponenten nur durch einen aeroben Stoffwechsel hergestellt werden können.  Durch das Vorhandensein von O2 wird aus einem Teil des Pyruvats H3C-CO-COO- (C3H3O3-) --> Acetaldehyd H3C-CO-H (C2H4O) + CO2 gebildet, von dem wiederum eine grosser Anteil in Ethanol  H3C-CH2-OH (C2H6O) umgewandelt wird. Aus einem kleineren Anteil des Acetaldehyds entsteht Diacetyl und ein weiterer Teil bleibt erhalten. Sowohl Acetaldehyd als auch Diacetyl verursachen das unerwünschte Fremdaroma (ausführlichere Informationen: cf. Seite Brau-/Bierfehler).

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Während der Grossteil des Pyruvats in die alkoholische Gärung eingeht, wird

ein kleiner Anteil für die lebenswichtige Aminosäuresynthese (Bausteine der

Eiweisse!) über Zwischenprodukte des Citratzyklus (Info) abgezweigt. Die α-Keto-

säuren R-CO-COO- des Citratzyklus sind dem Pyruvat analog, wobei die Methyl-

gruppe -CH3 durch eine verlängerte Kohlenstoffkette (R-Gruppe) ersetzt ist.

Eine geringe Menge an α-Ketosäuren wird in langkettige Alkohole umgewandelt,

die wiederum im Bier erwünschte Aromen darstellen (cf. Abb. 6).

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GNP_Gärungsnebenprodukte.jpg

Abb. 7. Gärung und Reifung sind begleitet von der Bildung diverser Gärungsneben-produkte, welche Geschmack und Qualität des Bieres deutlich beeinflussen.

Dazu gehören:

  1. Jungbukettstoffe (Aldehyde wie Acetaldehyd und Diacetyl, Schwefelverbindungen): werden während Gärung und Reifung wieder abgebaut.

  2. Bukettstoffe (Ester, höhere Alkohole): verbleiben im Bier.   

                                                                                                     [Quelle: Kunze, 2016, S. 402, mod.]

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Sauerstoff: Freund oder Feind

3. SAUERSTOFF: Feind oder Freund des Brauers?

Sauerstoff, Hefen, Hopfen und Bier - eine Geschichte der scheinbaren Widersprüche

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1. Was sagt die Hobbybrauliteratur über Sauerstoff?
STOFFWECHSEL: “Die meisten Hefen sind fakultativ anaerob, also nicht auf Sauerstoff

angewiesen. Sie können bei Verfügbarkeit von Sauerstoff, wie die meisten anderen

Lebewesen, ihn für einen oxidativen Energiestoffwechsel nutzen (Aerobe Atmung): Sie

können verschiedene Zucker zu Kohlenstoffdioxid und Wasser oxidieren. In Abwesenheit

von Sauerstoff aber können viele Hefen die Zucker nur zu niedermolekularen Stoffen,

beispielsweise zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid (z. B. in der alkoholischen Gärung),

abbauen. Die Zuckeroxidation unter aeroben Bedingungen liefert mehr Energie als die

Vergärung. Deshalb sind die Massenzuwachsrate und die Zellteilungsrate bei oxidativem

Zuckerabbau sehr viel höher als bei der Gärung” [Quelle].

SAUERSTOFF: “Sobald Ihre Würze auf die Gärtemperatur abgekühlt ist und Sie bereit

sind die Hefe anzustellen, sollten Sie die Würze zuerst belüften. Dieser Vorgang liefert

den Sauerstoff, den die Hefe benötigt, um gross und stark zu werden, damit Ihre Würze

vollständig vergoren werden kann.” (Palmer, S. 30, 2020 [Info]).

GÄRUNG: “Belüften der Würze - auch Hefe braucht frische Luft. ..... Hefen vermehren sich im Normalfall durch Sprossung. Die Vermehrung ist deshalb wichtig, weil wir nicht mit der vollen Zellzahl anstellen, sondern sich die Zellzahl im Laufe der Gärung anpasst. Dabei benötigt die Hefe im Normalfall Sauerstoff, weshalb die Würze belüftet wird. .... denn im Grunde braucht die Hefe keinen Sauerstoff.”  (Brücklmeier, S. 201, 2018 [Info]).
 
 LAGERUNG: “Es wird sich rund sechs Monate lang halten - und zwar abhängig davon, wie gut es Ihnen gelungen ist, den Sauerstoff während der letzten Gärungsphase und während des Abfüllungsprozesses fernzuhalten.”  (Palmer, S. 24, 2020 [Info]).

BIER: “Staatsfeind Nummer 1 - Oxidation. ..... Oxidation ist eine der Hauptursachen für die Bieralterung. Grundsätzlich sollte die Sauerstoffaufnahme des Bieres unbedingt und überall vermieden werden.” (Brücklmeier, S. 244, 2018 [Info]).

SAUERSTOFF: “Sobald Ihre Würze auf die Gärtemperatur abgekühlt ist und Sie bereit sind die Hefe anzustellen, sollten Sie die Würze zuerst belüften. Dieser Vorgang liefert den Sauerstoff, den die Hefe benötigt, um gross und stark zu werden, damit Ihre Würze vollständig vergoren werden kann.” (Palmer, S. 30, 2020 [Info]).

HOPFEN:Sauerstoff und die dadurch verursachte Oxidation ist neben Wärme der grösste Feind bei der Lagerung von Hopfen.” (Info). “Keep hops away from oxygen. Oxygen is bad, bad, bad for your hops, and limiting exposure to O2 is critical to long-term storage.” (Info).

ALLES KLAR bezüglich Sauerstoff und Bier brauen? Ist Sauerstoff - meistens aus der Luft mit einem Gehalt von 20.95% stammend - nun Freund oder Feind des Brauers bzw. dem Brauvorgang oder dem Endprodukt Bier? Den verschiedenen Aspekten des Sauerstoffs im Zusammenhang mit der Fermentation von Bier soll im Folgenden nachgegangen werden.

Sauerstoff aus Luft.jpg

Abb. 8. Sauerstoff O2, mit 20.95% ein wichtiger Bestandteil der Luft, ist unentbehrlich für die meisten energieliefernden Reaktionen (z.B. Verbrennungen, Atmung) und einige biosynthetische Reaktionen.

2.    Teilaspekt "Sauerstoff und Hefestoffwechsel"

2.1. Hefestoffwechsel 1: Energiebereitstellung

In der Brauliteratur wird meist festgestellt, dass die Brauhefe

Sauerstoff benötigt, mindestens während einer kurzen Zeit

nach dem Anstellen, damit die Hefezellen atmen und wachsen

können. Damit wird angedeutet, dass Hefen Sauerstoff zum

Wachstum und zur Vermehrung in Form der Knospenbildung

benötigen und dazu aerob atmen müssen, bevor die Würze

fermentiert, also anaerob vergärt werden kann.

Grundlagen des Stoffwechsels für alle Organismen: Lebens

basiert auf einem Kohlenstoff-Stoffwechsel und einem Energie-

Stoffwechsel. Während Pflanzen (und wenige Bakterienformen)

ihre Lebensenergie aus der in C-Verbindungen wie Glukose

C6H12O6 oder Stärke (C6H12O6)n fixierten Sonnenenergie

holen können (Prozess: Fotosynthese, sog. autotrophe

Lebensweise), sind fast alle anderen Lebewesen wie Tiere,

Mensch und auch die Hefen auf energiereiche C-haltige Stoffe

(“Lebensmittel”) angewiesen, um ihren Bau- und Energie-

stoffwechsel betreiben zu können (Prozesse: aerobe Atmung,

anaerobe Fermentation [Gärungen], sog. heterotrophe

Lebensweise).

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Der allen heterotrophen Lebewesen gemeinsame Stoffwechsel oder Metabolismus beruht zunächst auf dem Katabolismus, dem Abbau der energiereichen C-haltigen Stoffe wie Stärke, verschiedener Zuckerarten, Fette und Eiweisse mit den daraus resultierenden Aufbau-Molekülen bzw. Molekülgruppen und dem biologischen Hauptenergieträger ATP (Adenosin-tri-phosphat). Aus den C-haltigen Bausteinen und dem Energieträger ATP werden im Anabolismus, dem Aufbaustoffwechsel die Grundbestandteile der Zellen wie z.B. Membranlipide (Abgrenzung) und Membranproteine (Transportfunktionen, u.a.) gebildet (Biosynthesen) [gute Verständnis erweiternde Abb. hier].

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Hefen nun sind mit der einmaligen Fähigkeit ausgestattet, dass sie zwei Hauptstoffwechselwege der ATP-Energiegewinnung besitzen, nämlich sowohl die sauerstoff-abhängige aerobe Atmung (Zellatmung) als auch die sauerstoff-unabhängige anaerobe Gärung.

Anabolismus_Katabolismus.jpg

Abb. 9. Der Stoffwechsel kann grob in zwei Hauptreaktionswege gegliedert werden, in den Abbaustoffwechsel Katabolismus  und den Aufbaustoffwechsel Anabolismus.

Atmung ist nicht nur die Aufnahme von Sauerstoff, sondern vielmehr ein komplexer biochemischer Prozess, der primär in den Atmungszentren der Zellen, den Mitochondrien abläuft und z.B. Traubenzucker (Glukose) vollständig oxidiert zu Wasser H2O, Kohlenstoffdioxid CO2 und dem energiereichen Hauptprodukt ATP, das eine Art energetisches Kleingeld für alle energieabhängigen biochemischen Reaktionen in der Zelle/Gesamtorganismus unentbehrlich ist.

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Zellatmung im Überblick: verläuft in drei grossen Reaktionskomplexen ab
-     1. Glykolyse (“Zuckerauflösung”) im Cytoplasma der Zelle –> liefert nur gerade

           2 Energieeinheiten ATP + 2 Pyruvat C3 (Brenztraubensäure)
-     2. Citratzyklus im Innenraum der zellulären Atmungszentren (Mitochondrien)

           –> 2 ATP + zahlreiche Bausteine für Biosynthesen
-     3. Atmungskette an innerer Mitochondrienmembran –> 28 ATP

Summengleichung: Glukose C6H12O6 + 6 O2 + 6 H2O —> 6 CO2 + 12 H2O + 32 ATP   

(=vollständige Oxidierung von Glukose)

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Gärung (engl. fermentation) ist eine Energiefreisetzung ohne Sauerstoff, aber mit wenig

Gewinn von ATP und energiereichen Endprodukten wie Alkohol (alkoholische Gärung)

oder Milchsäure (Milchsäuregärung). Gärungen beginnen wie die Zellatmung mit der

Glykolyse, wobei nur 2 energiereiche ATP-Moleküle gewonnen werden. Das C3-Pyruvat

wird in 2 Reaktionsschritten zu Ethanol (“Alkohol”) umgewandelt.

-    1. Glykolyse (“Zuckerauflösung”) im Cytoplasma der Zelle –> liefert nur gerade 2

          Energieeinheiten ATP + 2 Pyruvat C3 (Brenztraubensäure)
-    2. Ethanolbildung –> 2 C2H6O (CH3-CH2-OH) + 2 CO2

Summengleichung: Glukose C6H12O6  –> 2  C2H6O (CH3-CH2-OH, C2H5OH) + 2 CO2 + 2 ATP   

Teiloxidierung von Glukose, energiereiches Endprodukt Ethanol (Alkohol)

Die Hefe hat also einen Luxusstoffwechsel, sie kann sowohl mit Sauerstoff (aerob) als auch ohne

Sauerstoff (anaerob) leben. Sie zeigt aber eine ausgesprochene Tendenz zur Gärung und atmet

meist nur dann, wenn sie 1. wichtige Zellbausteine zum Wachstum und Zellvermehrung

synthetisieren muss, und 2. die Zuckerkonzentration sehr gering und gleichzeitig Sauerstoff

vorhanden ist.

Hefe kann mehrere Zuckerarten vergären (Diauxie), sie ist allgemein sehr flexibel bezüglich

verwertbarer C-Substrate; so kann sie z.B. sogar Ethanol verwerten (allerdings nur bei

Abwesenheit von vergärbaren Zuckern –> Essigsäure).

Hefe hat also letztlich 3 Stoffwechselwege zur Verfügung:
1. Anaerobe Gärung bei Vorhandensein von Zucker und Abwesenheit von Sauerstoff

2. Aerobe Atmung: bei geringer vergärbarer Zuckerkonzentration und Anwesenheit von

    Sauerstoff

3. Aerobe Gärung bei Vorhandensein von viel Zucker und Sauerstoff.
 

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Abb. 10. Stoffwechselzusammenhänge: Glykolyse (--> Pyruvat C3), Gärungsabzweigung (Alkoholische Gärung, Milchsäuregärung), Citronensäurecyclus, Atmungs-kette.

Involvierte Moleküle: Glucose C6, Pyruvat C3, Acetyl-CoA C2, O2, CO2, H2O. Energieträger ATP und Wasser-stoffüberträger NADH und FADH2 (cf. Abb. 5+6).

Stoffwechsel_Uebersicht 1.jpg

Was steuert wie den Hefestoffwechsel?
Der sog. Pasteur-Effekt geht auf ein 1861 von Louis Pasteur entdecktes Phänomen zurück. Er hat beobachtet, dass Hefen unter anaeroben Bedingungen mehr und schneller D-Glucose verbrauchen als unter aeroben Bedingungen. Die Hefen verarbeiten also unter anaeroben Bedingungen weiter Zuckermoleküle, weit mehr als unter aeroben Bedingungen, um die Energieverluste (- 32 ATP) zu kompensieren. Gleichzeitig wird somit auch viel mehr Ethanol produziert.

Der Crabtree-Effekt, bezeichnet nach dem englischen Biochemiker Herbert Grace Crabtree beschreibt das Phänomen, dass die Hefeart Saccharomyces cerevisiae auch unter aeroben Bedingungen Ethanol produzieren kann und nicht Biomasse/Zellsubstanz zum Zellaufbau oder zur Zellvermehrung via den unter aeroben Bedingungen sonst typischen Stoffwechselweg des Citratzyklus synthetisiert wie das sonst andere Hefearten aerob tun, z.B. Kluyveromyces spp. Voraussetzung dazu ist eine “hohe” äussere Glukosekonzentration. Neben Glukose, das bereits ab 100 mg Glukose pro Liter Nährmedium den Crabtree-Effekt bewirkt, lösen auch die anderen vergärbaren Zuckerarten wie Fruktose, Maltose, Saccharose und teilweise Galaktose diesen Effekt aus. Eine Würze mit 1.040 OG (bzw. 10 oP) ist 10%ig zuckerhaltig! Diese sehr hohen Zuckerkonzentrationen unterdrücken also fast vollständig die aerobe Atmung in der Anstellwürze und forcieren die Gärung!




2.2. Hefestoffwechsel 2: Biosynthese von Zellmembrankomponenten

Die eigentliche Aufgabe des Sauerstoffs in der belüfteten Anstellwürze - nicht Atmung/Energiebereitstellung, sondern Förderung spezifischer Biosynthesen!
Die Hefe braucht letztlich keinen Sauerstoff, sie überlebt auch ohne. Sie kann auch unter strikt anaeroben Bedingungen wachsen. Trotzdem wird in der Brauliteratur und aufgrund der Brauererfahrungen immer wieder auf die Notwendigkeit von Sauerstoff für eine gesunde Fermentation hingewiesen. Welche genaue Rolle spielt also Sauerstoff für einen kräftigen und gesunden Gärverlauf?

Viele Untersuchungen zeigen eindeutig auf, dass Hefe Sauerstoff verbraucht wann immer er verfügbar ist, auch während des Gärvorgangs. Hefezellen absorbieren sehr rasch praktisch den gesamten zur Verfügung stehenden Sauerstoff. Hefen verbrauchen den überwiegenden Anteil des verfügbaren Sauerstoffs für biosynthetische Reaktionen, nicht für die Atmung bzw. Energiegewinnung. Der gelöste O2 in der Würze wird durch frisch angestellte Hefen sehr rasch von der Sättigungskonzentration von ca. 14 mg O2/L auf Null reduziert, meistens innerhalb von 30 Minuten unter idealen Bedingungen. Warum? Hefen benötigen diesen Sauerstoff für die Biosynthese von Membranbestandteilen, welche wiederum die Voraussetzung für rasches Wachstum und Zellvermehrung zur Erreichung einer hohen Zelldichte notwendig ist. “Oxygen has profound influence on the activity of yeasts and particularly on yeast growth. Certain yeast enzymes react only with oxygen, and oxygen cannot be replaced by other hydrogen acceptors.This applies to the oxygenases involved in the synthesis of unsaturated  fatty acids and sterols which are vital elements of the cell membranes.Without a supply of these lipids,the cells cannot reproduce and their viability is lessened” (Quelle). Es sind dies vor allem sog. Sterole (besonders Ergosterol) und ungesättigte Fettsäuren. Ohne diese Membrankomponenten in der Würze ist das Zellwachstum limitiert (Info), oder anders formuliert, ohne Sauerstoff zu Beginn der Gärung limitieren diese fehlenden Membrankomponenten Wachstum, Vitalität  und Zellvermehrung.

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Synthese von Sterolen (Sterine) und ungesättigten Fettsäuren
Während Zellwände von Zellen aus Kohlenhydraten

bestehen (Pflanzen: zum grössten Teil aus Zellulose,

letztlich einem Vielfachzucker aus Glukose [Info], Hefen:

Glucane und Mannane [Info1, Info2], ebenfalls aus

Glukose-Bausteinen), ist die Synthese von Sterolen

aus Isopren-Einheiten (Info1, Info2) und die der

ungesättigten Fettsäuren aus Acetyl-Coenzym A

(aktivierte Essigsäure, Info) recht komplex. Sauerstoff

spielt im Fettstoffwechsel eine wichtige Rolle. Zunächst

nimmt die Hefe die in der Würze vorhandenen Fettsäuren

auf. Sie ist aber auch in der Lage, unter Sauerstoffaufnahme

selbst essenzielle Fettsäuren zu bilden. Diese Bildung

beginnt beim Pyruvat (Brenztraubensäure) und führt

über Acetyl-Coenzym A. Die Hefe verfügt aber auch die

Stoffwechselfähigkeit, ungesättigte Fettsäuren zu bilden.

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Ebenfalls unter Sauerstoffaufnahme wird ein Teil der

Fettsäuren in ungesättigte Fettsäuren umgewandelt.

Sterine (von gr. fest, starr, hart, wegen der relativ

starren Molekülstruktur), syn. Sterole, sind eine Gruppe

von Membranlipiden und biochemisch wichtige Bestandteile

der Zellmembran. Sterine sind wichtig für die Membran-

eigenschaften wie Fluidität, Elastizität und Permeabilität.

Hefen können die Sterine entweder aus der Anstellwürze

aufnehmen oder selbst herstellen. Sauerstoff wird nun auch

für die Biosynthese der Sterine benötigt.

Dieser Synthesestoffwechsel zu Beginn der eigentlich

anaeroben Gärung kann als “respiratorische Fermentation”

bezeichnet werden, d.h. aerobe Atmungsprozesse und Gärung

laufen simultan ab, obgleich die Gärungsprozesse dominieren.

Der respiratorische Stoffwechsel (Atmungsstoffwechsel) zapft

höchstens etwa 1-2% der gesamten Glukose für die

biosynthetischen Stoffwechselpfade der Sterol- und Fettsäuren-

synthesen ab. Der damit verbundene Sauerstoffbedarf an

gelöstem Sauerstoff in der Würze ist also kein Atmungssauerstoff

zur Energieproduktion (d.h. keine aerobe Atmung für die ATP-Synthese)

noch wird er direkt für die Hefeknospung benötigt. Die Membran-

komponenten sind aber für vitale Membranfunktionen, primär

Kontrolle der Stoffflüsse über die Membran in und aus der Hefezelle

verantwortlich (Phospholipide mit eingebetteten Transport-Proteinen),

damit für die Vitalität der Hefezellen allgemein. Geschwächte Hefezellen

sind für eine Vielzahl von Problemen verantwortlich, so z.B. Intoleranz

gegenüber Alkohol (Alkohol schwächt dann die Zellen massiv), verlangsamte oder stockende Gärung und zahlreiche Bierfehler/Fehlaromen.
 

Hefemembran.jpg

Abb. 11. Bau einer Zellmembran der Hefe, stark vereinfachte Darstellung.

Ungesättigte Fettsäuren (UFS) in der Lipiddoppelschicht und Sterine sind wichtige Bausteine der Hefezellmembran. Sterine wie z.B. Ergosterol (Abb. 11) kommen in geringerer Konzentration als die Fettsäuren vor, aber sie sind sehr wichtig für die Fluidität (Fliesseigenschaft) der Membranen und damit verantwortlich für deren Elastizität und Permeabilität (Stoffdurchlässigkeit). Proteine können eingelagert oder integral (membran-durchstossend) sein und übernehmen wichtige Funktionen, z.B. selektiver Transport von Zuckerarten, Aminosäuren (--> Proteinaufbau), Mineralstoffen, Signalempfang u.a.

ergosterol_Struktur.png

Abb. 12. Struktur des Sterols Ergosterol.

 

 

 

 

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Vitalität, Viabilität, Gärkraft, Vermehrung durch Zellknospung, Bau der Zellorganellen

(z.B. Mitochondrien [Zellkraftwerke, Zellatmung], Kernmembran, Vakuolenmembran,

u.a. membranumhüllte Organellen: siehe Abb. 13, auch  Bau der Hefezelle) und viele

weitere stoffwechselgeprägte Phänomene von Hefezellen sind von den Eigenschaften

der Biomembranen (syn. Zellmembranen) beeinflusst. Biomembranen sind also das

wichtigste Verpackungsmaterial der Zellen, das den Zellinhalt (wässrige Lösungen)

möglichst gut zusammen hält, aber selbst nicht wasserlöslich ist. Zudem sollten sie

eine flexible Bauweise erlauben, damit Zellen und deren Zellorganellen bei Bedarf

vergrössert, verkleinert oder umgebaut werden können.

Bei der Vermehrung/Sprossung und Wachstum von Hefen muss eine enorme

Syntheseleistung an Zellsubstanzen erbracht werden, insbesondere auch an

Membranen: das sind unter Berücksichtigung der membranumhüllten

Zellorganellen riesige Oberflächen. Kunze berechnet aus der Oberfläche einer

einzelnen Hefezelle von ca. 150 μm2 eine Totalkontaktfläche von 9 bis 10 m2

bei 10 g abgepresster Hefen (Info, S. 10).

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Welcher Brauer wünscht sich nicht vor Vitalität stotzende Hefen mit hoher Gärkraft?

Es lohnt sich deshalb, auch einmal einen vertieften Blick zum Verständnis gewisser

Eigenheiten der Hefezellen in die Biochemie der Biomembranen zu werfen. Auch

daraus können wichtige Erkenntnisse für die Braupraxis gewonnen werden.

Hinweis: Der allgemeine Bau der Biomembranen wird mit den Abb. 14 bis 16

erläutert: Fettsäuren --> Phospholipide --> P-Lipiddoppelschichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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LIPIDE,  BIOMEMBRANEN                    Vertiefende Informationen          

Hefezelle_Struktur.jpg

Abb. 13.  Bau einer Hefezelle. ROT: Membranstrukturen

1: Sprossnarbe.  2: Plasmaeinbuchtung.  3: Plasmamembran = Zellmembran.  4: Zellwand.  5: Mitochondrium (Zellatmung).  6: Lipid-granula (Lipidspeicher).  7: Mitochondrium.  8: Golgikomplexe ("Endmontage" von Eiweissen").  9: Vakuole (Speicher, Stoffaufspaltung, Abfälle). 10: Polyphosphatkörner (Energiespeicher).  11: Endo-plasmatisches Reticulum (verzweigtes Membrankanalsystem mit verschiedensten Stoffwechselfunktionen, Info).  12: Kernmembran. 

13: Zellkern (Erbinformation).  14: Kernkörperchen (Info). 

                                                           [Quelle: Annemüller, Info, 2020, S. 142; mod.]

Bau der Hefezellwand und Zellmembran

Hefezellwand mit Membran.jpg

Abb. 14. Bau der Hefezellwand und Hefezellmembran.

Die Zellwand ist dreischichtig. Die äussere Schicht ist plastisch, es folgt eine Stützmembran aus Glucane und Mannane sowie Chitin. Die feine Innenmembran, die Zellmembran  besteht aus Proteinen (Eiweisse) und Phospholipiden.

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Mannoproteine: Verbindungen zwischen Eiweissen und Polysacchariden (Mehrfachzucker) als

                              natürlicher Bestandteil der Hefezellwand

Glucane:              Polysaccharide, die in vielen pilzlichen Zellwänden als struktureller Baustein mit

                              festigender Wirkung enthalten ist

Mannane:            verzweigte Polysaccharide aus D-Mannose in Hefezellwand

Chitin:                   Polysaccharid, das der Strukturbildung dient und u.a. in der Zellwand von Pilzen

                              vorkommt

Lipide:                  Gesamtheit der Fette und fettähnlichen Substanzen

Phospholipide:   komplexe Lipide, welche eine Esterbindung mit Phosphorsäure aufweisen. Sie sind

                              Hauptbestandteil aller Zellmembranen und gehören daher zu den Membranlipiden

integrale

Proteine:              Membranproteine, die zum Teil in eine Membran eingebettet sind oder diese ganz

                              durchdringen, z.B. mit Transportfunktionen (Bsp. Maltosetransporter, Glukose-

                              transporter)

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Wichtige Grundbausteine (=Makromoleküle) der Zellmembranen

Lipide: sind Kohlenwasserstoffverbindungen und bestehen aus unterschiedlichen Gruppen wie

- Fette (aus Glycerin + 3 Fettsäuren): cf. Abb. 15

- Phospholipide (cf. Abb. 16)

- Sterole (starres Gerüst aus 4 Kohlenstoffringen, Bsp.

  Cholesterol, syn. Cholesterin) und Steroide (C-Ringsystem

  mit 3 Sechser- und 1 Fünferring: cf. Abb. 12).

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Abb. 15. Bausteine der Fette: Fettsäuren sind Moleküle mit einer langen unverzweigten Kohlenwasserstoffkette -CH2- und einer Carboxylgruppe (-COOH).

Bsp. gesättigte* Fettsäure Stearinsäure C18: H3C(CH2)16COOH

ergeben dicht gepackte Fettsäureschwänze in Membranen (*: gesättigt, weil an den C-Atomen der Kohlenwasserstoffkette alle 4 Bindungsstellen mit 2 C und 2 H-Atomen besetzt sind [-C-C-C- und -CH2].

Bsp. ungesättigte Fettsäure (UFS) Linolsäure C18:

H3C(CH2)4CH=CHCH2CH=CH(CH2)7COOH =: Doppelbindung -HC=CH-, ungesättigt, weil dort noch H-Atome am C "fehlen" 

UFS haben einen niedrigeren Schmelzpunkt und durch Doppel-bindungen ergeben eine geknickte Schwanzstruktur,  dadurch eine weniger Dichte Packung in Membranen und eine bessere Elastizität/ Fluidität (--> cf. Abb. 17).

gesättigte_ungesättigte_Fettsäuren.jp

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 16. Bau der Zellmembranen aus Phospholipiddoppelschichten.

Die Grundstruktur besteht aus einer Lipiddoppelschicht aus Phospholipidmolekülen. Darin eingesenkt oder ganz durchlaufend sind verschiedenste Proteine, meist für Transport- funktionen in und aus der Zelle (cf. Abb. 11). Info Lipiddoppelschicht.                                      Quelle: Sadava, Life (2010), mod.

Membranbau.jpg

 

 

 

 

 

 

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​​​Abb. 17. Elastizität/Fluidität von Biomembranen hängt von den in den Lipiddoppelschichten eingebauten Fettsäuren ab.

Membranen mit Phospholipiddoppelschichten mit ungesättigten Fettsäuren sind weniger dicht gepackt, weisen dadurch eine flexiblere "flüssigere" Struktur auf und lassen Moleküle (z.B. Nährstoffe)  eher durch als solche mit nur gesättigten Fettsäuren.

Membranfluidität.jpg

Fettsäuren sind also für den Bau der Biomembranen und damit für zahlreiche Zellstrukturen und Funktionen essenziell. Wo aber braucht es jetzt konkret Sauerstoff für die Biosynthese der Lipide, spezifisch z.B. für ungesättigte

Fettsäuren oder Sterole?

Die Bildung von Doppelbindungen im Lipidschwanzteil gesättigter Fettsäuren

und in Squalen (C30H50, ein Alken mit 6 Doppelbindungen), dem Baustein für

Sterole ist ein Mehrschrittprozess, der Sauerstoff O2 benötigt. Abb. 18 zeigt die

stark vereinfachte Reaktion der Bildung einer Doppelbindung. Die Sterinsynthese

ist komplex. Kurz zusammengefasst die wichtigsten Reaktionsschritte:
1 Glykogen (“tierische Stärke”)  –> 2 Acetyl-CoA (aktivierte Essigsäure)  –> 3 Squalen

+O2 –>4  2,3-Epoxysqualen –> 5 Lanosterol –> andere Sterole wie z.B. 6 Ergosterol (Abb. 18).

Die ebenfalls O2-abhängige Biosynthese einiger ungesättigter Fettsäuren ist schematisch in Abb. 20 dargestellt.

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Doppelbindung mit Sauerstoff.jpg

Abb. 18. Bildung einer Doppelbindung in ungesättigten Fettsäuren oder im Sterol-baustein Squalen unter O2-Verbrauch.

Sterolsynthese.jpg

Abb. 19.  Sterinsynthese: führt über zahlreiche Reaktionsschritte und Zwischenprodukte.

1: Glykogen (Glukose-Speicher).  2: Acetyl-CoA ("aktivierte Essigsäure").  3: Squalen (C30H50).  4: 2,3-Epoxysqualen (C30H50O).  5: Lanosterol (C30H50O).  6: Ergosterin (C28H44O).

Die Umwandlung von 2 nach 3 umfasst 10 enzymatische Reaktionsschritte, von 3 nach 6 sind weitere 10-12 enzymatische Reaktionsschritte notwendig. Die Sterine werden dann in die Zellmembran und Organellen-membranen eingebaut. Der Sauerstoffbedarf ist mit O2 markiert.

Detaillierter Reaktionsverlauf 3 --> 6: cf. hier.

Synthese mit O2 def.jpg

Abb. 20. Biosynthese ungesättigter Fettsäuren.

Beispiel Arachidonsäure aus Linolsäure  [Abb. mod., Quelle]

gutes Bier.jpg

Abb.21. Sauerstoff wirkt sich an spezifischen Stellen im Brauprozess positiv wie auch (meist) negativ aus.

2.3. Zusammenfassung/Konsequenzen "Hefestoffwechsel und Sauerstoff"

  • Energiegewinnung: Hefe atmet selten, hohe Zuckerkonzentrationen unterdrücken

       die aerobe Atmung und fördern die anaerobe Gärung.    

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  • Sauerstoffbedarf: Der Sauerstoffbedarf der Anstellhefe ist durch die Fettsäure-

       bildung und Sterinbildung verursacht und nicht durch aerobe Atmung. Beide

       Lipidstoffklassen sind essentiell für die Membranausbildung, damit für Wachstum,

       Vermehrung durch Knospenbildung der Hefezellen und somit auch für ihre

       Vitalität (Hefeaktivität, Gärleistung/Gärkraft) und hohe Viabilität (Lebensfähigkeit,

       wenig Totzellen in der Anstellhefe).

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  • Anstellwürze: Eine optimale Anstellwürze enthält Membrankomponenten wie

       ungesättigte Fettsäuren und Sterine (meistens aus toten Hefezellen oder

       Hefezellwänden/Membranen gewonnen). Wenn belüftet soll der Sauerstoffgehalt

       nie 6-8 ppm O2 überschreiten. In kühler Würze wird mehr Sauerstoff gelöst als in

       warmer Bierwürze.

​

  • Belüftung: Die Herstellung und sterile Belüftung einer Starterkultur ist optimal und

       einer starken Belüftung der Anstellwürze vorzuziehen. Von der frischen Starterkultur

       sollte nur der Hefeanteil (Hefesediment, nicht der flüssige Überstand) in die Anstellwürze überimpft werden, um eine evtl. negative Geschmacks-

       beeinflussung zu vermeiden.

​

  • Anstellzellzahl: Eine optimale Anstell-Hefezahl (weder zuwenig noch zuviele Hefzellen) fördert die Bierqualität und minimiert Bierfehler.

Sauerstoff: praktische Konsequenzen

2.4. PRAKTISCHE KONSEQUENZEN für die Primärgärung
Mangelnder Sauerstoff zu Beginn der Gärung kann negative Auswirkungen haben wie
- mangelnde Angärung
- längere Gärdauer (bis zu 3 oder mehr Tagen)

- gestresste Hefen, verminderte Viabilität der abgeernteten Hefen
- stockender Extraktabbau, unvollständige Gärung
- mangelnde Nachgärung, ungenügender Vergärungsgrad
- Probleme mit der Bierqualität, z.B. Bierfehler wie exzessive Esterbildung

1. Lipidzugaben statt Sauerstoff bzw. als Ergänzung
Theoretisch könnte der Sauerstoffbedarf frisch angestellter Hefen durch Zugabe benötigter

Fettsäuren und Sterine reduziert oder gar eliminiert werden, z.B. in Form der Zugabe geeigneter

organischer Hefenährstoffe ([Info]. Geeignete Produkte: z.B. Lallemand Go-FERM-Protect Evolution,

cf. Baldinger, Info. SIHA PROFERM Bio yeast nutrient, Info1, Info2), SIHA Hefenährstoff-Navigator,

cf. Eaton Deutschland; allgemein tote Hefezellen (z.B. Yeast Hulls) oder auch Kalttrub (evtl. Nachteil

von Geschmacksfehler, Info).

2. Belüftete Starterkultur statt Würzebelüftung
Eine ausreichende Zahl vitaler Anstellhefen aus einer gerührten und steril mit Luft belüfteten

Starterkultur kann eine Belüftung der Anstellwürze ersetzen oder aber ergänzend sich positiv

auf den Start und den Verlauf der Primärgärung auswirken.


Eine Würzebelüftung sollte 8 - 10 ppm O2 nicht übersteigen, auch weniger O2 kann je nach Hefestamm optimal sein (cf. auch Info hier). Ideal wäre eine genaue O2-Bestimmung mittels einer O2-Elektrode, damit keine Unter- noch Überbelüftung stattfindet (cf. Info1, Info2).

Rehydratisierte Trockenhefen benötigen i.d.R. weniger Sauerstoff, da sie während ihrere Kultivierung erhebliche Glykogen- und Lipidreserven anlegen konnten. Daher genügt das Schütteln des Starters und Eingiessen in die Anstellwürze.

 

Auswirkungen des gelösten Sauerstoffs:

zu wenig: Esterbildung +, Bildung Fuselalkohole -

zu viel:      Esterbildung -, Bildung Fuselalkohole +, Problem mit Acetaldehyd


Hinweis:
Faustregel für optimale Anstellzellzahl ca. 1 Million aktiver Hefezellen pro mL

Würze und pro Grad Plato, noch vereinfachter ca. 5 bis 10 Mio. Zellen/mL Würze.

Differenzierte Berechnung der Anstellzahlen: cf. “Bestimmung der optimalen

Anstellzellzahl (Hefegabe)” >  Braulabor 19).
Würzebelüftung: siehe Braulabor 21 “Beimpfung der Bier-Anstellwürze” > Anleitung

hier (Schritt 5 “Belüftung und Hefeeinmischverfahren” S.5-6). Bei einer Überbelüftung,

insbesondere mit reinem Sauerstoff können unerwünschte Substanzen entstehen

wie VDKs (vicinale Diketone, Info), Diacetyl, Oxosäuren, Fuselalkohole und abgeleitete

Esterverbindungen.

3. Belüftung kann bierstiltypisch sein
Bei gewissen Bierstilen ist es sogar empfehlenswert, die kalte Anstellwürze nicht zu

belüften, z.B. bei hohen Platowerten, die zur stärkeren Esterbildung tendieren (Bsp.

Strong Scotch, OG 1.08-1.10/19-24 °P). Erwünschte oder unerwünschte Esterbildung

kann also direkt durch die Belüftungsdauer der Würze beeinflusst werden.

Andrerseits muss bei Bieren mit sehr hoher Stammwürze > 22 °P (OG 1.083) nach

etwa 12 bis 18 Stunden nach dem Anstellen eine zweite Dosis mit reinem Sauerstoff

gegeben werden (> 12 ppm O2 bis 17 ppm).

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Würze belüften.JPG

Abb. 22. Belüftung der Anstellwürze.

li: mit reinem O2 aus O2-Druckflasche

re: mittels Aquariumpumpe, Sterilfilter und porösem Belüftungsstein.               [Info1  Info2]

Hefenahrung_GoFerm.jpg

Abb. 23. Go-Ferm-Protect Evolution ist eine Hefenahrungs-zusatz zur Hydration oder Starterkulturen.

Es enthält u.a. Vitamine und Sterole und kann somit die Initial-belüftung beim Anstellen zu Beginn der Primärgärung substituieren.

3. Teilaspekt "Sauerstoff und Braurohstoffe, Bier und Brauprozesse"

3.1. Kurze Übersicht

"Staatsfeind Nummer 1 - Oxidation" - so ist ein Kapitel in der "deutschen Bierbibel" von Brücklmeier überschrieben (Brückelmeier, 2018, S. 244). Sauerstoff ist zwar nicht sehr reaktionsfähig und chemische Reaktionen mit Sauerstoff werden im engeren Sinne auch als Oxidationen bezeichnet (Info). Oxidationen können sowiohl die Brauausgangssstoffe wie Malze und Hopfen beeinflussen wie auch das Produkt Bier direkt. Oxidation ist nämlich eine der Hauptursachen der Bieralterung. Deshalb sollte die Sauerstoffaufnahme des Bieres während des gesamten Brauprozesses, also vom Schroten bis zum Biergenuss in der Kehle  - mit eben der Ausnahme der Anstellwürze bzw. Starterkultur  - minimiert werden!

​

Sauerstoff O2 kommt in der Luft zu rund 21 Volumen-Prozent vor, d.h. was immer wir auch

machen, Sauerstoff umgibt uns ständig, ist unser Dauerbegleiter. Ob im "heissen Teil" des

Brauens ( -->Herstellung der Anstellwürze), dem "kalten Teil" der Gärungs- und Reifungsphasen,

bei den Transfers von einem Gärbehälter in einen anderen Behälter, bei der Abfüllung der

Flaschen, der Reifung und Lagerung - Sauerstoff ist einfach da!

​

Elementarergasförmiger Sauerstoff ist zwar relativ reaktionsträge, viele Reaktionen finden bei 

Normalbedingungen gar nicht oder nur langsam statt. Zur Reaktion werden also entweder

eine hohe Aktivierungsenergie oder sehr reaktive Radikale benötigt. Diese Barriere kann aber

durch TemperaturerhöhungLicht oder Katalysatoren überschritten werden. Beim Brauprozess

sollte also beachtet werden:

  1. möglichst kein Zutritt von Luft (Sauerstoff) zu den verschiedensten Phasen des Brauprozesses

      (Bsp. Bierwürzen in keiner Phase "plätschern" lassen, Flaschen möglichst voll auffüllen)

   2. tiefe Temperaturen erschweren Oxidationen (Bsp. kalt lagern 0 °C - < 10 °C)

   3. Zeit ist ein wichtiger Parameter, gerade bei langsamen Reaktionen, ebenso der Ausschluss

       von Licht (beide Faktoren wirken während Reifung und Lagerung).

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O2 Gefahr beim Bier.jpg

Abb. 24. Sauerstoff O2 umgibt uns überall und immer. Unerwünschter Sauerstoffeintrag während Umfüllprozessen und Lagerung von Bier.

3.2. Sauerstoff und Braurohstoffe, Bier und Brauprozesse       

   

MALZ und Sauerstoff.

Durch das Schroten des Malzes werden die Körner aufgebrochen

und dadurch vergrössert sich die Oberfläche deutlich. Der Kontakt

mit der Luft und somit dem Luftsauerstoff wird intensiver durch

diese vergrösserte Oberfläche und den Wegfall der schützenden

Hülle der Fruchtschale (cf. Abb. Gerstenkorn hier). Geschrotetes

Malz verliert nach dem Mahlen durch Oxidationsprozesse

zunehmend Stärke, Eiweiss und vor allem die für die Alkoholbildung

wichtigen Enzyme.


Abhilfe: Unmittelbar vor dem Maischen schroten.

Das geschrotete Malz sollte nie länger als etwa eine Woche

gelagert werden, ausser vakuumiert und  tiefgefroren.

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HOPFEN und Sauerstoff.
Hopfen wird in 3 Produktformen angeboten: getrocknete ganze

Hopfendolden (Rohhopfen), Hopfenpellets und Hopfenextrakt.

Von den Hopfeninhaltsstoffen Bitterharze, Hopfenöle, Polyphenole,

Proteine und Lipide sind vor allem die letzteren mit den ca. 3%

freien Fettsäuren für die Hopfenalterung verantwortlich. Bei

unsachgemässer Lagerung, also weder licht- sauerstoffgeschützt

noch kalt bis tiefgefroren verliert der Hopfen durch Oxidationen

rasch die Aromen und Bitterharze, bildet vermehrt freie Fettsäuren

(3% –> 20%) und entwickelt unangenehme Aromen nach Knoblauch

und Käse-/Schweissfuss.


Abhilfe: Rohhopfen sofort verbrauchen (< 1-2 Tage), oder rasche

Trocknung und Vakuumverpackung oder Verpackung mit Inertgas

wie Kohlenstoffdioxid CO2 oder Stickstoff N2, Lagerung gekühlt

oder besser noch tiefgefroren und lichtgeschützt (cf. Abb. hier).

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BIERalterung durch Oxidation.
Darunter wird vereinfacht die Veränderung der Geschmacksstabilität vom idealen Zustand des frisch vergorenen

und gereiften Bieres verstanden.


Zwei Defizite zeichnen alterndes Bier aus, nämlich 1. der Verlust sog. positiver Biereigenschaften, und

2. der Alterungsgeschmack.
Von den oxidativen Eigenschaftsverluste betroffen sind 1. Hopfenöle (–> Hopfenblume), 2. Melanoidine

(–> Aromen, insbes. dunkle Biere), 3. Kolloide (–> z.T. Vollmundigkeit) und 4. Iso-Alphasäure (–> feine

Hopfenbittere).

Der Alterungsgeschmack wird zurückgeführt auf verschiedene chemische Stoffe wie Schwarze Johannisbeere/

Katzenurin (–> zu grosser Flaschenkopfraum), Oxidation von Hopfenölen/Polyphenole/Proteine (–> nach-

hängende Bitterkeit), Strecker-Aldehyde (–> brotig, karamelig/süsslich, honigartig, mandelartig), Oxidation

von Fettsäuren in alten Flüssigmalzextrakten (–> Trans-2-Nonenal: fahl, abgestanden, seifig, Pappkarton/

Altpapier), Diacetyl (aus Hefe-Acethydroxysäuren + O2 [Butter/Popcorn]), Lösungsmittel aus Kunststoffen

(z.B. PVC –> lösungsmittelartiger Beigeschmack).
Aber auch nicht-oxidative Veränderungen können zum Altersgeschmack beitragen (z.B. feuchte Pappe,

Maillard-Reaktionen, Veresterung).
Mehr Info: siehe auch unter Brau-/Bierfehler > 5. Fehlaromen.    Info1    Info2.

Auch die Bierfarbe kann von Oxidationen betroffen sein (Polyphenole + O2, Kohlenhydrate + Proteine +

Hitze –> Maillard-Reaktionen –> dunkle Farbe, u.a.).

Abhilfe: Allgemein gilt möglichst geringer Kontakt mit Luft (–> enthält ja 20.95% Sauerstoff), möglichst

tiefe Temperaturen (–> Verlangsamung chemischer Reaktionen, z.B. Oxidationsreaktionen) und lichtgeschützt.

 

Konkrete O2-minimierende Massnahmen:

  1. Antioxidativ wirksame Substanzen vermehren: + Melanoidine (dunkle Malze, Caramalze).

  2. Hoher Polyphenolgehalt (richtige Hopfenwahl).

  3. Hoher Schwefeldioxid (SO2)-Gehalt: f(Hefestamm!), Sulfat-Konzentrationen: SO4 2- durch                                                                                                                 Calciumsulfat CaSO4: bis 150 mg/L, Ales bis 300 mg/L).

  4. Eisen- und Kupferionen meiden.

  5. Hohe pH-Werte vermeiden (günstig: pH 5.2 - 5.6 in Maische, pH 5.4 in Würze, pH 5.2 in Würze                                                                                                      10 min vor Kochende).

  6. Wärmeeinwirkung reduzieren: optimaler Wärmeübergang in Sud, Würzekochen max. 90 min.

  7. Vermeidung tiefer Einmaischtemperaturen (–> Reduktion Aktivität hitzestabiler Malz-Oxidasen                                                                                                       –> weniger Polyphenoloxidationen).

  8. Ganzen Brauprozess optimieren: z.B. Maischen, Läutern, Ausschlagen der Würze möglichst                                                                                                            O2-arm (z.B. durch Begasung mit CO2/N2), Prozesszeiten minimieren (–> kürzere Kontaktzeiten                                                                                                    mit Luftsauerstoff), Flüssigkeiten nicht plätschern, Einleiten/Umfüllung mit Schlauch, möglichst                                                                                                   in CO2-Atmosphäre (z.B. Umleeren Primärgärtank –> Sekundärgärtank/ oder Abfüllung in                                                                                               Bierflaschen), geringer Kopfraum in Bierflaschen (möglichst füllen oder ausschäumen!),                                                                                                 Kronkorken mit O2-Absorber (Info), tiefe Temperaturen bei Lagerung (< 6 °C).                                                                                                                            Siehe ausführliche  LOB-Brewing-Anleitung hier. Top-Info zum LOB (Low Oxygen Brewing).

  9. Biere möglichst frisch geniessen!

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Hopfenformen.jpg

Abb. 26. Haupthopfenformen.

oben: frische Hopfendolden, links: getrocknete Hopfendolden, unten rechts: Hopfenpellets. Hopfenextrakt: cf. hier.

Hopfen_Pellets.jpg

Abb. 27. Aufbewahrung von Hopfen.

Links: Pellets vakuumiert, rechts: Pellets vakuumiert in einer Lichtschutz-Packung Lagerung: im Kühlschrank, besser im Tiefkühler.                Vorgehen: siehe hier.

Malz und Sauerstoff
Kopfraum Bierflasche.jpg

Abb. 28. Flaschenabfüllung.

Die Bierabfüllung in Flaschen ist kritisch bezüglich Sauerstoffeintrag.

1. Einlaufvorgang: Bier sollte am Boden der Flasche langsam, möglichst nicht blubbernd einlaufen.

2. Volumen Kopfraum (zwischen den Pfeilen):

Der Kopfraum sollte möglichst klein sein. 2ml Luft im Kopfraum einer 500ml Flasche erhöhen den Sauerstoffgehalt bereits um mehr als 1mg/L. Eine maximale Füllmenge reduziert somit wesentlich den Rest-O2-Gehalt.

Das minimale Restvolumen in der abgebildeten 33 cL-Bierflasche Longneck mit einer Abfüllpistole Metall (Info) beträgt 18.5 mL.

3. CO2-Ausspülung: Ideal wäre die Ausspülung der Flasche beim Abfüllvorgang mit CO2 bzw. einem CO2/N2-Gasgemisch (vor dem Abfüllen).

4. Schaumbildung: Eine CO2-Schaumbildung Im Flaschenhals trägt ebenfalls zur Verdrängung des Luftsauerstoffs bei.

Malzkörner_geschrotet.jpg

Abb. 25. Malz: ungeschrotet und geschrotet.

li: Ungeschrotetes Malz ist mit einer derben Frucht- und Samenschale gegen die O2-haltige Umwelt abgeschirmt. Die Inhaltsstoffe, insbes. die Enzyme sind vor Oxidationen gut geschützt.

re: Geschrotetes Malz hat eine viel grössere Oberfläche und keine Schutzhülle mehr. Unerwünschte oxidative Reaktionen laufen ab, Enzyme denaturieren.

Weiterführende Informationen und Anleitungen zum Thema Sauerstoff und Bier finden sich auf dieser

Website unter:

  • Theorie: Physikalisch-chemisches Braulabor > 3.10. Die Bestimmung des gelösten Sauerstoffgehalts 

        > 3.10.1. Unerwünschter Sauerstoff beim Brauprozess --> siehe hier

​

  • Theorie + Praxis: Informationen zur Auswirkung des "unerwünschten Sauerstoffs" auf Bier sowie detaillierte

       Anleitung/Empfehlungen zur Vermeidung der Sauerstoffaufnahme während dem gesamten Brauprozess

       ("Low Oxygen Brewing") --> siehe pdf-Anleitung hier  (S. 1 bis 3)

​

  • Praxis: Bestimmung des gelösten Sauerstoffgehaltes --> siehe pdf-Anleitung hier  (S. 4 bis 8)

​

  • Theorie: Bierfehler Oxidation --> siehe hier

​

  • Praxis: Lagerung von Hopfen --> siehe hier.

Prosit.jpg

LOD (Low Oxygen Drinking): vor zuviel Sauerstoffzutritt schützen!!

Literaturangaben

Bücher

- Annemüller, G., Manger, H.-J., Lietz, P. Die Hefe in der Brauerei. VLB, Berlin (2020)

- Annemüller, G., Manger, H.-J. Gärung und Reifung des Bieres. VLB Berlin (2013)

- Barth, R. The Chemistry of Beer. The Science in the Suds. John Wiley, Hoboken NY (2013)

- Berg, J.M., Tymoczko, J.L., Stryer, L. Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2007)

- Boulton, C., Quain, D. Brewing Yeast & Fermentation. Blackwell Science, Oxford UK (2006)

- Brücklmeier, J. Bier Brauen. Grundlagen, Rohstoffe, Brauprozesse. Eugen Ulmer, Stuttgart (2018)

- Kunze, W. Technologie. Brauer & Mälzer, VLB Berlin (2016)

- Palmer, J.J. Erfolgreich Bier brauen. Mobiwell Verlag, Immenstadt (2019)

- Sadava, D., Hillis, D.M., Heller, H.C., Berenbaum, M.R. Life. The Science of Biology. Sinauer/Freeman, Sunderland (2010)

- White, C., Zainasheff, J. Yeast. The Practical Guide to Beer Fermentation. Brewers Publication, Boulder (2010)

​

Internetquellen

- Aquilla T. Aeration & Oxygenation Wort. MoreBeer! [Quelle]

- Ebbinghaus, U., Briem, F. Was Bier kaputt macht. Frankfurter Allgemeine 22.02.2028 [Quelle]

- Fix, G.J. Controlling Beer Oxidation. Brewing Techniques [Quelle]

- O`Rourke, T. The role of oxygen in brewing [Quelle]

- Staudt, A. Oxidation und Bieralterung. Brau!magazin Winter 2014/15 [Quelle]

- Stika, J. Aerating Wort Technique. BYO [Quelle]

- The Modern Brewhouse. Methods of the modern brewhouse (LOB) [Quelle]

- ThermoFischer Scientific. Beer Brewing & Dissolved Oxygen [Quelle]

- Verbelen, P.J. et al. The influence of yeast oxygenation prior to brewery fermentation on yeast metabolism and the oxidative stress response. FEMS Yeast Res 9, 226-239  (2009)

- Wyeast. Oxygenation/ Aeration [Quelle]

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