BRAU- und MESSTECHNIK
Brausystem, eingesetzte Messverfahren und weitere Techniken im Überblick
BRAU- und MESSTECHNIK
Brausystem, eingesetzte Messverfahren und weitere Techniken im Überblick
BRAU-/BIERFEHLER - FEHLAROMEN
2. Prozesstechnische Braufehler
3. Bierfehler: Hygiene, Um-/Abfüllen,
4. Bierfehler: Bieroptik und CO2-Gehalt
5. Fehlaromen: Geruch und Geschmack
Inhaltsverzeichnis
Übersicht Inhalt
19.10.2023
1. Was sind Bierfehler? Versuch eines Überblicks
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1.1. Fehlaromen - Geschmacksfehler - Off-Flavorkomponenten
Bei der alkoholischen Gärung entstehen nicht nur der Alkohol Ethanol C2H5OH und das Gas Kohlenstoffdioxid CO2, sondern auch noch einige hundert Aromastoffe wie höhere Alkohole, flüchtige Ester sowie Phenole. Im Zusammenspiel entscheiden diese Aromen den Charakter des Bieres. Daneben entstehen aber auch Gärungsnebenprodukte, die bei der Überschreitung eines sensorischen Schwellenwertes den Gesamteindruck negativ beeinflussen, eben die Fehlaromen. "Das sind Geschmacksformen, die ungewollt beim Brauen entstehen und ein Bier so schmecken lassen, wie es nicht schmecken soll" (Quelle). Allerdings sind die erwünschten Geschmacks- und Geruchskomponenten nicht bei jedem Bier identisch: der Bierstil legt fest, welcher Geschmack ins Bier gehört und welcher eben nicht. Ein Sauerbier kann ein erwünschtes "Berliner Weisse" sein, ein Nelkenaroma kann ein feines Weissbier sein! Diese Geschmackskomponenten sind absichtlich herbei geführt worden, andere wie z.B. "nasse, modrige Pappe" oder "faules Ei" sind unabsichtlich entstanden, z.B. durch Sauerstoffkontakt bei der Abfüllung und nachfolgender Oxidation oder durch eine falsche Gärtemperatur, welche den Hefestoffwechsel zu einem Gärnebenprodukt gesteuert hat. Eine knappe professionellere Definition lautet denn auch: Bierfehler sind das, was nicht zur Stilistik des jeweiligen Biers gehört (Günther Thömmes, Info, Info Bierstile).
Kurz: Fehlaromen sind neben den für die Biersorte bzw. Bierstil typischen Aromen als unangenehm empfundene Zusatzaromen, die als andersartiger Aromaeindruck den Gesamteindruck des Bieres schädigen können.
Typische Beispiele: Butteraroma, pappdeckelartiger Geschmack, Medizingeschmack, ranziger Geschmack u.v.m.
Die Ursachen von Fehlaromen können ganz verschiedener Natur sein, gehen aber meistens auf die hier im engeren Sinne definierten Bierfehler zurück (= 1. prozesstechnische Braufehler, 2. Bierfehler im engeren Sinne).
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1.2. Braufehler vs. Bierfehler
Bierfehler im weitesten Sinne werden meist identisch mit Fehlaromen definiert, sie umfassen aber
m.E. auch Abweichungen nicht nur von der Bierstilnorm bez. Geschmack und Geruch, sondern auch
andere bierqualitäten-bestimmende Faktoren wie Farbe (z.B. zu hell oder zu dunkel), Biertrübung
(klar vs. trüb/milchig), CO2-Gehalt (Rezenz, zu viel oder zu wenig), Schaumcharakteristik (zu viel - zu
wenig, mangelnde Feinporigkeit, Kurzlebigkeit), Biertrübung (klar vs. trüb-milchig); Körper des Bieres
(Bouquet, Textur: leicht oder schwer, dicht oder dünn, komplex oder geradlinig, samtig, rauh, trocken,
milchig, sämig, wässrig, alkoholisch, stabil, saftig u.v.m.), Bitterkeit (zu viel - zu wenig), Abgang
(erfrischend, erwärmend, neue Aromen, harmonisch, verworren u.ä.) und weitere Biercharakteristika.
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Fehlaromen werden also i.d.R. unter dem Begriff Bierfehler subsumiert. Im Folgenden sollen aber
getrennt zu den eigentlichen Fehlaromen Bierfehler primär als prozesstechnische Braufehler verstanden.
Darunter sind z.B. Mängel beim Brauverfahren wie Temperatursteuerung, ungenügende Durchmischung,
erwünschter und unerwünschter Sauerstoffeintrag, ungünstige pH-Werte (z.B. beim Maischen) oder bei
den Gärphasen wie Hefeanstellung (zu geringe oder zu grosse Hefegaben), Temperaturverlauf während
der verschiedenen Gärphasen und bei der Reifung/Lagerung zu verstehen.
Info.
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1.3. Bierfehler im engeren Sinne
​Weitere Fehler können bei beim Design von Malzmischungen (Malzauswahl, Malzkombinationen), falsche
Hopfung der Karbonisierung (Aufzuckerung, CO2-Begasung), Abfüllung, Lagerung (z.B. Temperatur, Licht-
einwirkung) sowie Hygienefehler allgemein oder spezifisch bei der Gärung ungünstig auf das "Gesamt-
erlebnis Bier" auswirken. Diese Fehler äussern sich dann in Biercharakteristika wie unter 1.2 beschrieben
(Farbe, Trübung, CO2-Gehalt, Bitterkeit u.a.).
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Abb. 1. Fehlaromen - unerwünschte Aromen.
Zwei typische Vertreter: li Diacetyl (buttrig-ranzig), re DMS (Dimethylsulfid, "gekochtes Gemüse").
2. Prozesstechnische Braufehler
Prozesstechnische Braufehler sind Verstösse oder Mängel beim eigentlichen Brauprozess, deren Ursachen bei technischen Komponenten der Brauausrüstung, den verfahrenstechnischen Eingriffen/Steuerungen oder fehlendem biochemisch-physikalischem Grundwissen zu suchen sind.
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Welches sind nun typische verfahrenstechnische Braufehler, mit denen man trotz sorgfältigem Brauen immer wieder einmal konfrontiert ist? Im Folgenden der Versuch einer Zusammenstellung: --> bedeutet: Abhilfe bzw. Ursache für
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Verfahrenstechnische bzw. prozesstechnische Fehler beim Maischen, stark abhängig vom eingesetzten Brausystem, z.B.
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- Aufheizen (Maischetemperatur, Sieden) geht zu langsam --> grössere Leistung,
kleineres Volumen
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- pH-Wert der Maische (nach Einmaischen) abweichend von günstigem pH zw. 5.5 - 5.6
(tolerierbar pH 5.2 - 6.0) --> pH-Korrektur durch Säurezugabe, z.B. tropfenweise
Milchsäure, andere Zusammensetzung Malzmischung (z.B. 1% Schüttungsanteil
Sauermalz senkt pH um 0.1, cf. Buch > S. 268, Tab. Auswirkung versch. Malze auf
den Maische-pH-Wert)
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- Maische brennt an --> intensivere + häufigere Durchmischung/Rühren, zu dicke
Maische
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- Rasttemperaturen nicht eingehalten, Überhitzung --> meist kein Problem, Zugabe
von kaltem Wasser, erst > 80 °C irreversible Denaturierung (Zerstörung) der Enzyme
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- Keine Iodnormalität (zuwenig Amylasen-Aktivitäten) --> längere Maltoserast
(β-Amylase) oder Verzuckerungsrast (α-Amylase)
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- Sud (Würze- und Hopfenkochen): das Sieden der Bierwürze ist eine wichtige
Massnahme zur Elimination von flüchtigen Substanzen wie DMS (Dimethylsulfide,
z.T. Nebenprodukte des Mälz- und Maischeprozesses). Kräftiges Sieden während
60 - 90 Minuten bei offenem Sudkessel (ohne Deckel, nicht Energie sparen) eliminiert
solche Fehlaromen, primär das Aroma/Geruch nach "gekochtem Mais/Gemüse"
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- Abläutervorgang sehr langsam --> Treberkuchen zu dicht (Malz zu fein geschrotet)
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- Vorderwürze zu geringer Extraktgehalt (< 18%) --> zu geringe Malzumwandlung: Rastzeiten und -temperaturen einhalten, evtl. leicht variieren/
Malz evtl. wenig feiner schroten: bessere Vorverzuckerung/ zu grosse Hauptgussmenge --> Volumen reduzieren, grössere Malzmenge
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- Abkühlung der Anstellwürze: zu langsam, evtl. auch bei offem Sudkessel --> Gefahr der mikrobiellen Kontamination (Abhilfe: rasches Abkühlen
z.B. mit Kühlschlangen-Würzekühler (cf. hier), Abdecken des Sudkessels während Abkühlung
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- Stammwürzegehalt der Anstellwürze abweichend von Rezept: zu hoch --> mit zusätzlichem abgekochtem Brauwasser verdünnen/ zu niedrig: mit
zusätzlichem Malzextrakt erhöhen (auch: Pfannevollwürze länger einkochen)
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- Gelöstsauerstoffgehalt während Maischeprozess zu hoch --> verschiedene Ursachen, cf. Massnahmenkatalog unter "Physikalisch-chemisches
Braulabor" hier > 3.10. Gelöster Sauerstoffgehalt (oder direkt zur Anleitung hier)
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Verfahrenstechnische bzw. prozesstechnische Fehler bei den Fermentationen (Hauptgärung, Nachgärung)
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- Hefeanstellung: suboptimale Hefeanstellzellzahl: zu gering --> schleppende Angärung (Gefahr der Kontamination durch Bakterien und wilde
Hefen --> Fehlgärung/ unerwünschte Aromen wie "grüne Äpfel", höherer Diacetylgehalt, Ester), unvollständige Gärungen [Info: cf. "Mikro-
biologisches Braulabor II" hier > Braulabor 19 > Anzucht der Anstellhefen]; zu hoch --> mehr Wärme, dadurch höhere Gärgeschwindigkeit; zuviel
Wärme kann zu ungünstiger Geschmacks- und Aromenbildung führen --> korrekte Anstellzahlen cf. hier > verschiedene Varianten (auch hier >
Braulabor 28, oder direkt hier).
Faustregel: Anstellkonzentration Lagerbiere und Bier mit hoher Stammwürze > Alebiere (obergärige Biere) (>: meist verdoppelt).
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- Gelöster Sauerstoff in Anstellwürze --> zu wenig O2 verhindert zunächst die Vermehrung von Hefezellen und damit eine kräftige Hauptgärung
(Info cf."Brauwasser" hier > 2.11.2. Wachstum von Mikroorganismen) --> Abhilfe "Bestimmung des gelösten Sauerstoffs" hier > S. 4
Belüftungsmethoden
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- Hefe kommt nicht in Würze an/verzögertes Ankommen --> Gärtemperatur überprüfen, pH überprüfen (pH < 3.6 --> auf pH 5.5 korrigieren mit
Carbonaten wie Natriumbicarbonat (Backsoda, Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3), Anstellwürze zuwenig belüftet (--> gut/besser belüften: cf.
gelöster Sauerstoff), Maltoserast nicht > 65 °C (sonst zuwenig vergärbare Zucker), Nachimpfung mit neuer Trockenhefe (cf. hier und hier).
Zusatzinfo hier. Kling empfiehlt sogar "Sud evtl. filltern, nochmals aufkochen, mit frischer Hefe erneut anstellen"
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Abb. 2. Prozesstechnischer Braufehler - falscher pH-Wert.
Der pH-Wert der Maische sollte im Bereich pH 5.2 bis etwa 6.0 liegen; mit pH 4.59 muss der Wert nach oben korrigiert werden, z.B. mit Backpulver (enthält Natriumhydrogen-karbonat NaHCO3).
Abb. 3. Offener Sudkessel.
Beim Würze-Hopfenkochen
muss der Sudkessel offen
bleiben, sonst besteht die
Gefahr der Bildung von z.B.
DMS (Dimethylsulfid) u.a.
- Gärtemperaturen: Die Temperatur im Gäransatz kontrolliert die
Wachstumsrate der Hefen, welche wiederum die Produktion von
Nebenprodukten beeinflusst sowie die Mengen dieser meist
unerwünschten Stoffe! Daher: ungünstige Temperaturen -->
schweflige und verdorbene-Eier Aromen, zuviele Ester und weitere
Fermentationsprobleme. Gärungen sollten deshalb immer innerhalb
eines engen Temperaturbereichs kontrolliert werden, insbesondere
1. Anstelltemperatur: Anstellwürze auf empfohlene Anstelltemperatur
abkühlen, sogar mindestens 1-2 °C darunter (!), erst dann belüften
und mit den Hefen beimpfen --> die eisten Vorstufen von Fehlaromen
werden während der Vermehrungsphase der Hefen in den ersten
48 Stunden gebildet, dann Temperatur wieder erhöhen auf den
hefestamm-spezifisch empfohlenen Temperaturbereich (z.B. cf. hier,
bzw. über die Hefe-Bezugsquellen cf. hier --> Ankurbelung der
eigentlichen alkoholischen Gärung; 2. Endphase der Hauptgärung:
um > 1-2 °C Temperatur wieder erhöhen (Warmphase bzw. Warm-
reifung = sog. Diacetylpause).
Lagerbiere: Anstellwürze auf 8 °C + Sauerstoff + Anstellhefen.
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Achtung: Die Umgebungstemperatur eines Fermentationsgefässes ist nicht
der Fermentationstemperatur gleichzusetzen. Gärung ist ein exothermer
Prozess, bei dem Wärme bei der Zuckerumwandlung in Alkohol und
Kohlenstoffdioxid an die Umgebung abgegeben wird: d.h. das Innere des
Fermentationsgefässes, also die vergärende Bierwürze kann sich bis um
ca. 6 °C gegenüber aussen erwärmen!
Abhilfe: direkt im Gärbehälter die Temperatur messen, optimal in der
Mitte, oder aber aussen auf das isolierte Gärgefäss den Temperaturfühler
aufkleben. Und unbedingt: vor dem Anstellen von Hefen (Hefegabe) auf
die gewünschte Gärtemperatur abkühlen (Lagerbierhefen!).
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Abb. 4. Temperaturverlauf während Hauptgärung (= Primärgärung) zur Vermeidung von Fehlaromen.
3 Phasen: 1. Anstellphase mit tieferer Temperatur (mindestens minus 1-2 °C);
2. Hauptgärphase mit der empfohlenen Richttemperatur; 3. Warmphase zur Diacetylreduktion (1-2 °C über Fermentationstemperatur). [Quelle: mod. nach Homebrewers]
Andere Autoren* empfehlen sogar:
- Ale-Hefen (obergärige Hefen): Starttemperaturen 17-18 °C, 4-5 Tage, dann
auf 21-22 °C bis zum Ende der Gärung.
- Lager-Hefen (untergärig): Starttemperaturen 10-13 °C, 4 Tage, dann
Dichtemessung (bei ca. 50% FG --> Temperatur um 1-1.5 °C erhöhen bis
zu 75% der Enddichte FG, dann Temp. auf 17 °C erhöhen bis zu 90% FG,
dann T auf 19 °C bis zur definitiven Enddichte FG.
- beide Hefetypen am Schluss: auf 0.5 °C abkühlen (! aber schwierig für
normale Heimbrauer), Alehefen während 3-7 Tage, Lagerhefen während
einer Woche bis Monate).
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Gut zu wissen: kühlere Gärtemperaturen ergeben reinere, weniger Ester-haltige Biere, während höhere Gärtemperaturen zu fruchtigeren Estern führen.
Bierstil und Gärtemperatur hängen also eng zusammen.
Bsp.: Britische Ales brauchen höhere Gärtemperaturen (fruchtiger) als Amerikanische Ales.
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Ester: Bukettstoffe --> Aroma des Bieres. *Beechum/Conn (2019): cf. hier.
3. Bierfehler bei Hygiene, Um-/Abfüllen, Lagerung, Bierstil
Unter "Bierfehler im engeren Sinne" werden verschiedenste Fehler ausserhalb des Brau- und Fermentationsprozesses verstanden, also z.B. Fehlerquellen beim Malz (z.B. falsche Lagerung, Verpilzung, falsche Mischung für spezifischen Bierstil), mangelnde Hygiene bei der gesamten Bierherstellung, Probleme bei der Abfüllung (und Nachgärung in Flaschen), schlechte oder zu lange Lagerung des Bieres.
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Welches sind nun die wichtigsten Bierfehler im oben definierten Sinne? --> bedeutet: Abhilfe bzw. Ursache für
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Hygienemängel und Umweltbedingungen im gesamten Umfeld der Bierherstellung
Mangelnde Hygiene und fehlendes mikrobiologisches Grundwissen führen leicht zu Infektionen des Biers. Bier ist ein extrem empfindliches
Genussmittel und für Mikroorganismen ein Lebensmedium, bei dem nur ausreichend Hopfen und Alkohol wachstumshemmend wirken!
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- gesamter Lager- und Gärbereich --> mangelnde Reinigung* und anschliessende Hygienemassnahmen** oder günstige Bedingungen für
unerwünschte Keime wie Bakterien oder Wildhefen in Luft, Wasser oder Komponenten zur Bierherstellung. Abhilfe: Grundkenntnisse in Hygiene
und mikrobiologischen Grundlagen, cf. "Mikrobiologisches Braulabor I + II", hier und hier, z.B. Braulabor 6, 16 oder auch 26 und 31.
* Reinigung: entfernt Staub mit Mikroorganismen, Schmutz, Sedimente/Ablagerungsschichten als Nahrungs- und Besiedelungsorte für Fremdmikro-
organismen. * *Hygienemassnahmen: dienen der Reduktion von Fremdkeimen (Entkeimung, Desinfektion) bis zur vollständigen Inaktivierung/
Elimination (Sterilisation)
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- Umweltbedingungen im Lagerbereich --> Feuchtigkeit, Luftsauerstoff und Licht beeinträchtigen wichtige Braurohstoffe wie Malz, Hopfen oder
gewisse Zusatzstoffe. Abhilfe: eher geringe Luftfeuchtigkeit (cf. "Brau- und Messtechnik" hier > 10 Luftfeuchtigkeit), Malz ungeschrotet und kühl
aufbewahren (geschrotet: im Tiefkühler kürzere Zeit haltbar); Malzextrakte verschlossen und möglichst trocken aufbewahren; Hopfen vakuumiert
und kühl/tiefgefroren aufbewahren (cf. "Hopfen" hier > 4.4. Die Lagerung von Hopfen).
Infoquellen: Smith - Storing your beer brewing hops, grains and yeast// Bader - Shelf life: Storing your ingredients// BRIESS - Storing Malt / BRIESS - Storing
dry malt// HOME BREW - Storing malt, storing hops & storing yeast
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- Hefezüchtung und Haltung: Gefahr der Kontamination durch andere Mikroorganismen wie Bakterien oder Wildhefen. Abhilfe: cf. diverse
Anleitungen insbes. im "Mikrobiologisches Braulabor I" hier, z.B. Braulabor 13 + 16, u.a. z.B. Hefeviabilität Braulabor 4 oder Braulabor 22 hier).
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- Bierflaschen: Bierflaschen müssen vor dem Abfüllen desinfiziert (--> cf. Desinfektionsmittel) oder gar hitzesterilisiert sein (--> cf. " hier > Braulabor
6 Minimaltechnik 5, auch: hier > 7. Schlauchung .... Abb. 7.5)
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Abfüllung in Bierflaschen inkl. Umfüllung aus Hauptgärfass in Abfüllbehälter
- Schlauchen: die Nachgärung kann direkt in Bierflaschen oder in einem dem Haupt-
gärtank nachgeschalteten drucklosen Nachgärbehälter erfolgen. Das Transferieren
sollte mit möglichst wenig Luftsauerstoff erfolgen und - wichtig - möglichst mit
wenig Abzug von Hefen (Bodentrub) erfolgen. Das Abziehen erfolgt mit Siphons
(Hebersysteme, z.B hier und hier).
Fehlermöglichkeiten: zuviel Hefe gelangt später beim Abfüllen in die Flasche -->
Hefesediment am Flaschenboden --> Autolyse der Hefen -.> Geschmacks-
veränderung.
- Flaschenabfüllung: das Abfüllen aus dem Hauptgärfass ist ausgesprochen heikel,
denn 1. Sauerstoff kann beim Umfüllen ins Umfüllgefäss mittels Siphon und beim
Abfüllen in die Bierflaschen mit ins Jungbier gelangen, wodurch Inhaltsstoffe des
Bieres oxidiert werden können (cf. Details unter "Physikalisch-chemisches Brau-
labor" hier > 3.10.
Bestimmung des gelösten Sauerstoffgehalts, oder Anleitung hier) --> Abhilfe:
sowohl Hauptgärfass als auch Umfüllgefäss vor dem Umfüllen mit CO2-Gas aus
einer CO2-Druckflasche füllen als auch Flaschen mit CO2 spülen (z.B. mit dem
Blichmann BeerGun-System), möglichst wenig schäumen.
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- Flaschenverschluss: Sauerstoff gelangt auch in geschlossene Bierflaschen -->
Bierflaschen so verschliessen, dass möglichst wenig O2 in die Flaschen während
der Nachgärung/Reifung hinein diffundieren kann (z.B. durch Vermeidung von
Bügelflaschenverschluss, da die Gummidichtung O2-durchlässig ist, Kronkorken
mit O2-absorbierenden Eigenschaften verwenden (cf. hier).
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Lagerung und Haltbarkeit des Bieres
- Korrekte Lagerung: Die längste Haltbarkeit sind durch 4 Bedingungen gewährleistet:
1. dunkel, 2. trocken, 3. aufrecht stehende Flaschen, 4. bei möglichst konstanter
Temperatur (ca. 5-10 °C).
So wird am ehesten verhindert, dass das Bier "umkippt", da sich ätherische Öle sowie
Aromaträger des Hopfens schnell verflüchtigen oder sich bierschädigende Bakterien
entwickeln und bemerkbar machen können.
- Haltbarkeit: die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatum MHD kann nur eine Empfehlung
bzw. Richtschnur sein. Wichtiger wäre
das Abfülldatum. Hopfenbetonte Biere
wie IPA oder Pale Ale sollten möglichst
frisch getrunken werden (3 - 6 Monate
nach Abfüllung), ebenso leichte,
unfiltrierte und unstabilisierte Biere.
Malzbetonte, stärkere Biere mit
höherem Alkoholgehalt hemmen
mikrobielle Keime und können deutlich
länger gelagert und genossen werden.
Eigentliche "Lagerbiere" wie ein dunkler
Doppelbock oder die belgischen Geuze-
und Lambic-Biere gewinnen mit dem
Alter an Trinkgenuss.
Bier wird mit dem Alter, auch über das
MHD hinaus nicht gefährlich im Sinne
von gesundheitsschädigend, aber es
wird nicht schmackhafter.
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Kenntnis der Bierstile und Rezepturen
- Bierstil: was zu einem Hefeweizen gehört - z.B. Bananen- oder Vanillearoma -
wäre in einem Pils wohl eher als Bierfehler zu bezeichnen, da es nicht zu diesem
Bierstil gehört. Wenn wiederum in einem Lambic oder Berliner Weisse eine
säuerliche Note fehlen würde, aber in einem Märzen vorhanden wäre (Infektion
mit Laktobazillen ? zu viel Sauermalz ?), gehört das ebenso zu den Bierfehlern.
Aber auch Kriterien ausserhalb von Geschmack und Geruch gehören dazu wie
Farbe, CO2-Gehalt, Schaummenge oder auch Schaumstruktur. Von daher ist die
Kenntnis der Charakteristika eines bestimmten Bierstils essenziell.
Info Bierstile: Drinks of the World Craftbeer Hopfenhelden US Styles Guide
Buch: Biersorten)
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- Rezepturen: falsche Malzauswahl (--> z.B. Farbe), ungünstiges Maischverfahren
(--> z.B. zu hoher oder zu niedriger Vergärungsgrad), Hopfung (--> zu hoh, zu
niedrig, falsch), Hefe (--> falscher Hefestamm), Zusatzstoffe (--> unpassende
Auswahl, zu kreativ). Abhilfe: gute Infoquellen (z.B. Brauwelt Hausbrauer
BYO Homebrewing BYO Clone Recipes), cf. auch "INFO" > Brauliteratur/Fach-
literatur hier > Rezeptsammlungen) oder genaue Deklaration auf Etikette
(Bsp. "Experimentell", "St. Galler Klosterbräu 826" (mit 6 Kräutern als Hopfen-
ersatz), "Freestyle").
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Abb. 5. Abfüllen von Jungbier möglichst sauerstoffarm.
1: CO2-Gasflasche. 2: Keg, gefüllt mit Jungbier aus der Primärgärung. 3: Blichmann BeerGun. 4: Bierflasche. 5: ausströmendes Kohlen-stoffdioxid-Gas CO2. 6: Bierfluss in Blichmann-Abfüllpistole.
Abfüllvorgang: 1. Spülung der Bierflasche mit CO2 durch Drücken des Messingkopfs; 2. Einfüllen des Bieres durch Drücken des schwarzen Griffs, 3. Herausziehen der Abfüllpistole und nochmals Spülen des obersten Flaschengasraums mit CO2 (cf. Video).
Abb. 6. Bier lagern.
Kühl (z.B. im Kühlschrank/Getränkeschrank), stehend, dunkel, temperaturkonstant.
Abb. 7. Bierhaltbarkeit.
In der Regel wird das MHD (Mindesthaltbarkeits-
datum) angegeben. Interessanter wäre die Angabe des Abfülldatums.
Abb. 8. Bierstile.
Kenntnis der Eigenheiten der verschiedenen Bierstile ist eine wichtige Grundlage zum Erkennen und Einorden von Fehlaromen.
4. Bierfehler: Auswirkungen auf Bieroptik (Trübungen, Schwebeteilchen, Schaum) und CO2-Gehalt
UIm Folgenden werden zunächst die Auswirkungen der Brau- und Bierfehler auf die Optik und den CO2-Gehalt skizziert. Im 5. Schlusskapitel werden dann die sehr störenden Geruchs- und Geschmackfehler ("Fehlaromen") summarisch besprochen.
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Bieroptik: Ursachen und Vermeidung
- zu wenig Schaum: zu wenig Hopfen/ Bitterstoffgehalt erhöhen; Zugabe von 5%
Karamellmalz zu wenig Eiweisskomponenten/ Zugabe von
Weizenmalz (10 - 20%), Zugabe von Rohfrucht wie Gerste
(z.B. 300 g Gerste/20 L)
​
- zu viel Schaum, zu hohe Rezenz: CO2-Gehalt zu hoch/ vollständig ausgären lassen, später schlauchen;
mit Speisezugabe bzw. Zucker den CO2-Gehalt genau einstellen
​
- Schaum fällt zu schnell zusammen: bei zu niedriger Temperatur eingemaischt/ bei höherer Temperatur
einmaischen (ca. 60 °C)
Heisstrub nicht sorgfältig oder vollständig entfernt/ Heisstrub sauber
und vollständig entfernen; sorgfältig abläutern
Stärke nicht vollständig verzuckert (Iodprobe: "Blausud")/ vollständig
verzuckern lassen --> Iodprobe negativ
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CO2-Gehalt/Rezenz: Ursachen und Vermeidung
- zu viel CO2: zu früh geschlaucht, zu viel Speise bzw. Zucker/ erst nach voll-
zu viel Druck bei der Nachgärung ständiger Gärung schlauchen, später schlauchen, weniger
Speise/Zucker. Kühler lagern
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- zu wenig CO2: zu spät geschlaucht (früher schlauchen), zu wenig Speise/Zucker
zu wenig Druck bei der Nachgärung (Zugabe von Malz/Zucker) bzw. Karbonisierung genauer berechnen.
Evtl. kann CO2 entweichen (undichter Nachgärbehälter)/ Dichte
Gärbehälter überprüfen
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- Überschäumen b. Flaschenöffnen: Hauptgärung nicht vollständig, Jungbier viel zu früh (zu "grün" abgefüllt), zu viel Speise/Zucker für Nachgärung
--> Übermenge an CO2 wird produziert/ Hauptgärung bis FG (final gravity-Wert) mehrere Tage konstant.
Speise-/Zuckergabe genau für gewünschten CO2-Gehalt berechnen (cf. Anleitung "Karbonisierung ohne
Probleme" hier)
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- echtes Gushing: sog. echtes oder primäres Gushing wird durch "Entbindungskeime", deren Ursacxhe im Braugetreide vermutet
werden/ --> evtl. andere Malzsorten verwenden. Das "sekundäre" Gushing soll durch Kondensationskeime
verursacht werden (z.B. Staub-, Russ- oder Salzpartikel, poröse Oberflächen --> evtl. Flaschen wechseln,
Reinigungsverfahren abändern, z.T. unklare weitere Ursachen, auch mikrobiell mitverursach
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weitere Fehler: Ursachen und Vermeidung
- "Blausud": Jodprobe bleibt blau: Stärke nicht zu wenig abgebaut/ vollständig verzuckern lassen --> bis Iodprobe negativ;
evtl. zuwenig Gerstenmalz in Malzmischungen, Gerstenmalz zu lange geschrotet gelagert/ mehr frisch
geschrotetes Gerstenmalz einsetzen
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- Kahmhaut auf Jungbier: Kahmhaut* ist ein sicheres Merkmal einer unerwünschten Infektion/ Bier entsorgen, bessere Reinigungs-/
Hygienemassnahmen *Biofilm = "Mikroorganismenteppich" --> cf. Ausgewählte Bierfehler > Kahmhaut hier
Abb. 9. Bierschaum.
Zu viel oder zu wenig Schaum: auch eine Frage des Bierstils.
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5. Fehlaromen: Geruchs- und Geschmacksfehler
Im Folgenden werden die wichtigsten Aromafehler (und weitere Bierfehler) summarisch dargestellt:
Acetaldehyd Alkoholisch Bittere Chlorphenole Diacetyl Dimethylsulfid Grasartig Hefearoma Kahmhaut Käsig Kunststoff Lichtgeschmack Lösungsmittel Medizinisch Metallisch Mineralisch Muffig Oxidation Salzig Sauer Schwefler Seifig Stinktier Süssearoma Trübung Ziegenstall TK Typische Konzentration GS Geruchsschwelle
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Diacetyl: Butteraroma
Aroma: Buttriger Geschmack, zu kräftige Butternote, ranziger Geruch (Buttersäure), Butterbonbon/
Karamell, Popcorn mit zerlassener Butter. Weitere Umschreibungen: Honig, milchig, Toffee,
Vanilla. Ölig cremiges Mundgefühl. Je nach Intensität als angenehm, leicht störend oder
ätzend empfunden.
Fehlaroma in Lagerbieren, geringe Menge in gewissen Alebieren z.T. bis ca. 120 μg/​l sogar
stiltypisch und erwünscht. Aber allgemein als "bierischer Supergau" taxiert, wahrscheinlich
häufigster Bierfehler.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Leitsubstanz: Diacetyl oder 2,3-Butandion C4H6O2 (TK 0.01 - 1.0 mg/L, GS: ca. 30 - 80 μg/L).
Chemie: Diacetyl gehört zur Gruppe der Ketone, die sich zu Alkoholen reduzieren lassen.
Bildung aus Acetolactat. Info.
Natürliche Bildung durch alle Hefen während Gärung, später Wiederaufnahme und Abbau.
Diacteylmenge variiert je nach Hefestamm.
Schleppende Gärung oder blockierte Gärung ("stuck fermentation") fördert Bildung und
hemmt Abbau von Diacetyl. Auf korrekte Anstellmenge achten. Nährstoffdefizite bei der
Fermentation (niedermolekulare N-Verbindungen, FAN-Mangel).
Typischer für Hefen mit hoher Bruchbildung (Flockung), schwach gärende oder mutierte Hefen,
über- oder unterversorgt mit Sauerstoff, tiefe Gärtemperaturen und kurze Sudzeiten.
Weitere Ursache: Infektion durch Wildhefen, bakterielle Infektion durch Lactobacillus-Arten,
Pediococcus damnosus.
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Abhilfe: Gut gelöste Malze, ausgeprägte Eiweissrast. Optimale Gärführung.
Ende der Hauptgärung: Diacetylrast (Reifungstemperaturen während > 2 Tagen anheben
um 2 bis zu 6 °C [Untergärung: ca. 14 - 18 °C (manche Autoren* empfehlen sogar 65-70 °F
= 18-21 °C), 7 Tage; Obergärung: ca. 24 °C, 3 Tage], dann wieder abkühlen und sauber
abschlauchen.
Nach Erreichen der FG (final gravity, Extrakt am Ende) noch ca. 1 Woche bis zur Schlauchung
warten.
Krausening-Methode: am Ende der Hauptgärung nochmals mit etwas frischer, aktiver Hefe
anstellen (Info)
Vitale, mässig flockierende Hefestämme (ideal: Staubhefen), Hefestarter ansetzen, genügend
Sauerstoff für initiale Hefewachstumsphase nach Anstellung, genügend lange Fermentationszeit bei hefestammspezifischer Temperatur.
Hefelisten mit Angabe der Diacetylbildung konsultieren (z.B. bei Brücklmeier, Bier brauen, Tabelle "Übersicht über wichtige und häufig
verwendete Hefen", S. 448-457). Ausreichend lange Reife-/Lagerungszeit (> 32 Tage).
Hygienemassnahmen: einwandfreie Reinigungs- und Desinfektionsmassnahmen (gegen bakterielle Diacetylbildung durch Pediokokken
oder Laktobazillen).
Test auf Diacetyl: BYO > Brewer: John Nielsen. Professor Beer > For Brewers Only: The Diacetyl Test.
Info: brau!magazin, bier-und-brauhaus, Diacetyl formation, Beer&Brewing, BrewYourOwn, BeerSmith, Diacetyl Time line
* M. Karnowski Home Brew Beyond the Basics.
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Abb. 10.1 Diacetyl.
Wird als buttriger bis leicht ranziger Geruch wahrgenommen.
Abb. 10.2 Diacetyl-Stoffwechsel in der Hefe. cf. auch hier.
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Einfacher olfaktorischer Test zum Diacetyl-Nachweis.
Quelle: R. Preiss & N. Ferguson
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Dimethylsulfid (DMS): Zuckermais, gekochtes Gemüse
Aroma: Erinnert im Geruch an geöffnete Süssmaisdose, an gekochtes Gemüse,
insbes. an fein zerstossenem Mais, Brokkoli, Pastinake, Kabis, Tomaten,
Meeresfrüchte/Austern. Geschmack: im Abgang nach Lösungsmittel bis schweflig.
Hinweis: bei bestimmten hellen Ales sowie Lagerbieren kann der Geschmacks-
eindruck von schwachem DMS erwünscht sein. Ölig cremiges Mundgefühl.
Test: Glas schwenken und kurz riechen. Hinweis: Auge sieht nichts!
Ursachen: Eintrag durch Rohstoffe: bereits bei der Mälzkeimung bildet sich Schwefel-
Methyl-Methionin (DMS-P), das sich unter Hitzeeinwirkung (Thermolyse,
T > 70 °C) zum gemüsigen DMS umwandelt. Leitsubstanz: Dimethylsulfid
C2H6S bzw. S(CH3)2 (TK 0.01-0.2 mg/L, GS: ca. 0.05 - 0.1 mg/L). Ungenügendes
Würzekochen. Zu lange Standzeiten im Whirlpool. Auch: Nebenprodukt des
Stoffwechsels von Würzebakterien (Enterobacteriaceae).
Helles Malz (z.B. Pilsner) ist reicher an DMS-P.
Vor allem in Lager- und Pale Ale Bieren (helles Malz!) vorkommend.
Auch mikrobielle Ursachen: Infektionen durch Zymomonas, Proteus sowie
Wildhefen.
Abhilfe: Unter Hitzeeinwirkung beim Kochen wird DMS-P --> DMS ausgetrieben, sofern
1. ausreichende Kochzeit, 2. kräftiges und wallendes Kochen, 3. Kochen in
offenem Kessel, 4. mässige Whirlpool-Standzeiten (10-20 min, Sudkessel nur zur Hälfte abdecken) und 5. rasches Abkühlen auf
Anstelltemperatur eingehalten werden. Kräftige CO2-Produktion reduziert ebenfalls den DMS-Gehalt (d.h. gärstarke Hefen einsetzen).
Kochende evtl. mit Würzeschauglas optisch beurteilen: gegen Kochende sollte Bruch (Verbindungen zwischen Gerbstoffen und Proteinen
unlöslich --> Ausfällung) grossflockig sein und sich gut absetzen (optimale Voraussetzungen: möglichst hohe Temperatur, tiefer pH-Wert
um pH 5.2: evtl. Zugabe von Hilfsmittel).
Hinweis: DMS-armes Malz einsetzen (Analysendaten beachten, z.B. hier Info: Prevent DMS, Microbiology Malting > Products of Yeast
Metabolism in Brewery Fermentations, Fig. 2, Beer&Brewing, bier-und-brauhaus, Braumagazin .
Abb. 11. DMS - Dimethylsulfid ("Maisduft").
Kann durch Hitze ausgetrieben werden.
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Acetaldehyd: Grüner Apfel, Grüner Geschmack häufig !
Aroma: Ein typisches Jungbukett-Aroma ist die Note "grüner Apfel", mostartig,
stechend, aber auch nach verfaulenden Äpfeln oder frisch geschnittenem
Kürbis erinnernd. Manchmal auch: brotartig, grasartig, grüne Blätter.
Bei gewissen Bierstilen (z.B. American Lager) und gewissen Hefestämmen
(z.B. White Labs WLP840) gehört Acetaldehyd dazu.
Mitverursacher des berüchtigten Bierkaters (Info).
Test: Glas abdecken, schwenken und dann lange riechen.
Ursachen: 1. Leitsubstanz Acetaldehyd (Ethanal CH3-CHO) ist eine Vorläufersubstanz
zu Ethanol (Äthanol, Äthylalkohol, "Alkohol" C2H5OH), dem trinkfähigen
Alkohol (TK 1 - 50 mg/L, GS: 5 - 15 mg/L).
Ein typischer Metabolit bei der alkoholischen Gärung, eine Vorstufe bei
der Umwandlung von Glukose zu Ethanol (Acetaldehyd: CH3-CHO,
Ethanol: CH3-CH2-OH). Das Bier ist also noch zu jung wenn Acetaldehyd
bemerkbar ist.
2. Oxidation mit Luftsauerstoff des Endproduktes: bei Exposition des
Bieres mit Sauerstoff kann Ethanol zu Acetaldehyd oxidieren.
3. Bakterielle Ursachen & Oxidation: Bei mangelhafter Hygiene
können bierschädliche Mikroorganismen wie z.B. Fremdhefen,
Zygomonas und Acetobacter verantwortlich sein. Aus absterbenden
Hefen soll Acetaldehyd entweichen.
Abhilfe: Vitale Hefezellen: Bier weiter reifen lassen, so dass die Hefen genügend Zeit haben, Acetaldehyd in Ethanol umzuwandeln. Wärmer
vergorene Biere weisen i.d.R. weniger Acetaldehyd auf.
Hauptmassnahmen: Passende Bierstil-kompatible Hefestämme, keine Hefestämme mit zu hoher Ausflockung, korrekte Anstellgaben,
korrekte Gärtemperaturen (nicht zu kühl), längere Fermentationsdauer, längere Reifungsdauer, keine zu frühe Hefeentnahme aus
Bierwürze; Vermeidung von Sauerstoff bei Reifungs- und Abfüllvorgängen (kein Blubbern beim Abfüllen), sehr hygienisch arbeiten.
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Bierstile mit Acetaldehyd: American Standard und Lite Lagers.
Tipp von Dave Carpenter: 1. tadellose Hygiene, 2. korrekte Anstellmenge, 3. genügend Sauerstoff beim Fermentationsstart (Hefe-
wachstumsphase), 4. vollständige Hauptgärung abwarten, 5. Vermeidung von O2-Zufuhr nach der Gärung.
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Info: Beer&Brewing, Cara technology, BeerSmith, Bierkompendium, bier-und-brauhaus,
Abb. 12. Acetaldehyd.
Zu junges Bier erinnert an grüne Äpfel. Acetaldehyd ist Mitverur-sacher des gefürchteten Bierkaters.
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Oxidation: Nasser Karton - Pappe, Alterungsaroma
Aroma: Die durch Oxidation verursachte Geruch erinnert an nasse Pappe ("cardboard smell"), abgestanden alt,
muffig, erdig, z.T. Annanas-artig, zunehmende Bitterkeit, Strenge; bei geringer Konzentration an Sherry-
Noten. Auch Katzenurin und Schwarze Johannisbeere wird manchmal wahrgenommen (bei
beginnender Oxidation).
Geschmack: mastig.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Der Stoff namens trans-2-Nonenal ist evtl. der Geruchsträger (GS: 50-250 ng/L). Viel Sauerstoff im
Kontakt mit heisser Würze oder nach abgeschlossener Primärfermentation verursacht dieses
unangenehme Aroma. Auch: Oxidation von Fettsäuren, Pasteurisation und natürliche Bieralterung. Auch zuviel luftgefüllter Kopfraum in Bierflaschen und weitere Faktoren (cf. "Physikalisch-chemisches
Braulabor" hier, PDF-Anleitung hier) können Oxidationen verursachen. Evtl. Acetobacter-Infektion.
Abhilfe: Sauerstofftransfer in heisse Würze, in den Kopfraum einer Bierflasche oder in die Würze der Hauptgär-
phase verhindern. Ebenso alle Umfüllvorgänge (z.B. Primärgärbehälter --> Sekundärgärbehälter, Keg
u.a.) sind heikel (kein blubberndes Umschütten)..
Weitere Gefahrenzonen: cf. "Brauwasser" hier, > 2.11. Kenngrösse 10 Der gelöste Sauerstoffgehalt,
"Physikalisch-chemisches Braulabor" hier > 3.10. Bestimmung des gelösten Sauerstoffgehalts und
PDF-Anleitung hier.
Keine Bierpasteurisation. Kühle Bierlagerung.
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Info: Beer&Brewing, brau!magazin, Bieroxidation, Oxford Companion, Avoiding Oxidation,
Abb. 13. Bieroxidation.
Oxidation von Bier resultiert in einen Geruch von nasser Pappe.
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Lichtgeschmack: Stinktier
Aroma: Ein Aromastoff namens 3-Methyl-2-buten-1-thiol (MBT)" "duftet" nach
Stinktier/Wildtier mit intensiver schwefliger Note. Auch: muffig; ranzig,
katzenartig, ähnlich wie verbrannter Gummi oder Zibetkatze, an
Fäkalien erinnernd.
Geschmack: im Abgang noch stärker ausgeprägt.
Test: Duft mit der Hand vom Bierglas der Nase zufächeln.
Ursachen: 3-Methyl-2-buten-1-thiol (GS: 30 ng/L).
Diese Verbindung entsteht, wenn helles Bier dem Tageslicht (Blau-
und UV-Anteile [λ 350 - 520 nm]) oder Neonlicht ausgesetzt wird.
Dabei kommt es zur Abspaltung eines sog. Lichtmerkaptans (= MBT)
der im Bier enthaltenen iso-Alphasäuren (neben den Aromaölen der
für die Brauerei wichtigste Bestandteil des Hopfens). In Anwesenheit
von schwefelhaltigen Aminosäuren (Bausteine der Eiweisse) wie dem
Cystein reagieren die Zersetzungsprodukte zu MBT (chem. Reaktions-
folgen der lichtkatalysierten Umwandlung von ISO-α-Säuren: cf. hier).
Im Brauereiwesen wird dieses unerwünschte Fehlaroma als Licht-
geschmack bezeichnet.
Abhilfe: Keine Lichtexposition wie direktes Sonnenlicht oder auch Fluoreszenz-
lampen in z.B. lichtdurchlässigen Gärbehältern, grünen (80% UV &
50-80% Licht) oder weissen Bierflaschen. Nur Braunglasflaschen
(5% UV & 5-30% Licht passieren) oder Schwarzflaschen (Info).
verwenden. Hauptverursacher des Zerfalls von Hopfeninhaltsstoffen
ist das UV-Licht, das am besten durch Einhüllung von lichtdurchlässigen
Behältern oder braunem Glas abgeschirmt wird. Helle Biere und Biere
mit viel Hopfen sind anfällig auf den Lichtgeschmack, nicht aber dunkle Biere oder Biere mit isomerisierten Hopfenextrakten.
Bei Bierprodukten in hellen Glasflaschen werden isomerisierte (wasserlösliche) Hopfenprodukte eingesetzt (z.B. Calanda Glatsch Bier).
Menge an Bitterhopfen reduzieren.
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Zusatzinfo: Lichtgeschmack Lebensmittel, Lichtgeschmack Bier, lichtstabile Hopfenextrakte: Redihop Kettle Redi Literatur: Kunze (2016, S. 573 ff.)
Bamforth/Fox (2023, S. 237-240)
Abb. 14. Lichtgeschmack.
Licht und grüne (oder helle) lichtdurchlässige Bierflaschen sind "Gift" für das Bier --> Lichtgeschmack. Kann sich bereits nach 20 min Lichtexposition bemerkbar machen! Grundsätzlich schützen braun und schwarz eingefärbte Flaschen am besten, aber auch nicht vollständig. Bierflaschen sind daher immer im Dunkeln zu lagern!
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Käsig: Käsefuss, Ranziger Geschmack
Aroma: Eindruck von altem Käse, Blauschimmelkäse/Roquefort, Ranzigkeit,
alter Hopfen, Geiss, schmutzige lange getragene Socken/Fussgeruch,
schweissig, auch manchmal mit grasiger Note. Geruch mit
zunehmendem Alter des Bieres abnehmend.
Kann bei wenigen stark gehopften Bieren normal sein.
Test: Glas abdecken, schwenken und dann lange riechen.
Ursachen: Träger ders unangenehmen Duftes ist die Isovalerinsäure (syn.
3-Methylbuttersäure (Info), GS: 1 mg/L).
Meist ist der Hopfen zu alt und oxidiert (α-Säuren). Es kann auch eine
bakterielle Infektion sein.
Abhilfe: Frischen Hopfen verwenden; Hopfen korrekt lagern (z.B. tiefgefroren,
sauerstofffrei (unter Luftabschluss) in vakuumierter Verpackung).
Bier etwas länger lagern.
Einwandfreie Hygiene beim Brauprozess.
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Abb. 15. Käsegeschmack.
Alter Hopfen oder bakterielle Infektion könnten die Ursache sein.
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Seifig: Waschmittel
Aroma: Eindruck von Seife, Waschmittel, ölig-fettig.
Test: Glas abdecken, schwenken und dann riechen.
Ursachen: Wenn das Jungbier nach der Hauptfermentation zu lange auf dem Hefesediment
(Geläger) ruhen bleibt, kann die seifige Note entstehen.
Das Geläger besteht ja neben den noch aktiven Hefezellen aus toten Zellen und
nicht abgeschiedenen Teilen des Heiss- und Kalttrubs, die Fettsäuren enthalten.
Mit den im Jungbier vorhandenen Ionen kann das Salz Seife (= Salze der Fettsäuren)
bilden.
Leichte Biere und Lagerbiere sind anfälliger.
Abhilfe: Saubere Abtrennung von Heiss- und Kalttrub. Bier spätestens nach 4 Wochen vom
Geläger ins Gefäss für eine Nachgärung abheben.
Abb. 16. Fehlaroma seifig.
Autolyse alter toter Hefe zusammen
mit Trubresten fördern die Bildung
von Seifenaroma.
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Sauer: Essigstich u.a. Säuren
Aroma: Eindruck von Essigsäure, saure Äpfel.
Säureempfindung: scharf oder nachklingend.
Geschmacksempfindung auf beiden Seiten
der Zunge gegen hintere Mundregion.
Test: Schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Stark sauer oder das Aroma von Essigsäure sind
immer das Resultat einer bakteriellen oder
Wildhefeninfektion (Bakterien: Acetobacter-Arten
[bildet weisse Filme], Acetomonas [bildet
schleimige fadenziehende Beläge], Zymomonas.
Wildhefen: Kloeckera- & Brettanomyces-Arten.
Entstehung: Oxidation von Alkohol --> Essigsäure).
GS Essigäure: 90 mg/L.
Essigsäure ist nicht zu verwechseln mit der milden
Säure der Milchsäure, welche für Sauerbiere aus
der Kohlenhydrat-Umwandlung durch Milchsäure-
bakterien typisch ist. Ebenfalls typisch für den belgischen Lambic- und Gueuzestil, für den gewisse Wildhefen und Bakterien verantwortlich sind (Obst- und Schaumweinnote).
Hinweis: Säuren können auch durch Milchsäurebakterien unerwünscht oder erwünscht (Sauerbiere!) gebildet werden.
Milchsäurebakterien befinden sich i.d.R. als Oberflächenbewohner auf dem Malz. Weitere Säuren: cf. Info.
Abhilfe: Essigstich ist immer eine Folge von Infektionen, z.B. durch Fruchtfliegen oder Luftkeime. Also sehr hygienisch arbeiten, nach dem Sud
rasch abkühlen und Fermentationsgefäss immer abgedeckt halten. Nur Gegenstände einsetzen, die man desinfizieren kann. Hefestarter
ermöglichen schnelleren Gärungsstart. Möglichst Würze und Jungbier sauerstoffarm halten, da Essigsäurebildner aerophil ("luftliebend" =
O2-liebend) sind.
Auch wichtig: vitale Hefekulturen, korrekte Hefestämme und Anstellgaben.
Abb. 17. Essigaroma.
Acetobacter wandelt Ethanol unter Lufteinfluss in Essigsäure um.
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Lösungsmittel: Duft nach Fingernagellack
Aroma: Duft von Nagellack/Lackentferner, Aceton, Farbverdünner,
Klebstoff.
Geschmack: im Abgang eine unangenehme Lösungsmittelnote.
Hinweis: bei belgischen Witbieren i.O., nicht aber bei unter-
gärigen Bieren.
Test: Glas abdecken, schwenken und dann lange riechen.
Ursachen: Leitmolekül: Ethylacetat. GS: 10 mg/L. Info. Gärungsneben-
produkt sowohl von obergärigen wie untergärigen Hefen.
Alkohole und höhere Ester als Gärprodukte sind immer Teil
des Gesamtaromas. Dominieren diese, dann ist das Bier
noch nicht ausgereift, insbes. bei hohem Stammwürzegehalt
(deutlicher bei alkoholreichen obergärigen Bieren).
Oder: Gärung erfolgte bei zu hoher Temperatur und bei zu viel
Sauerstoff (--> Oxidation).
Auch: bei Verwendung von nicht lebensmitteltauglichen Behältern.
Abhilfe: Hefeanstellung: genügend O2, ausreichend FAN (freier α-Amino-
stickstoff, Info), ausreichende Menge an Spurenelement Zink Zn2+
vorhanden (> 0.12 mg/L) [Zugabe als Zinkchlorid (0.5 mg/L ZnCl2)
oder Zinksulfat (1.17 mg/L ZnSO4); auch ein Stück Zinkblech als
sog. "Opferanode" in saurer Umgebung liefert Zinkionen. (Info >
S. 21ff., S. 98)], vitale Hefen in richtiger Dosierung, Ankommen der Gärung nach 12 - 24 h. Gärung bei empfohlener Richttemperatur
durchführen. Bier vollständig ausreifen lassen (lange Lagerzeit). O2-arm brauen. Keine nicht lebensmitteltauglichen Kunststoffe in Kontakt
mit Bier bringen.
Abb. 18. Lösungsmittelaroma.
Sind immer Teil des Gesamtaromas, dürfen aber nicht in den Vordergrund treten.
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Medizinisch: Medizingeschmack, Duft nach Heftpflaster
Aroma: Duft nach Krankenhaus, Heftpflaster, Hustensirup, Mundspülmittel, Desinfektions-
mittel, Chlor, Hallenbad.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Leitsubstanz: 2,6-Dichlorphenol; GS: 300 ng/L.
Verschiedene sog. Phenole ergeben, häufig in Kombination mit chlorhaltigen
Reinigungsmitteln (oder gechlortem Brauwasser) und/oder chlor- oder iodhaltigen
Desinfektionsmitteln dieses Krankenhausaroma, z.B. 2,6-Dichlorphenol. Phenole
können Duftnoten nach Lösungsmittel, Kunststoffe und Medizin auslösen. Solche
Phenole können während dem Maischen und/oder beim Anschwänzen und infolge
falschem pH-Wert, Temperaturen oder Wassermengen entstehen.
Gewisse Hefestämme können ebenfalls Phenole produzieren, wobei Nelkennoten in
gewissen Bierstilen, besonders Hefeweizen und anderen weizenbasierten Bieren
erwünscht sind.
Abhilfe: Maische- und Läuterungstechniken genau befolgen, ebenso genaue Anleitungen
der Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Hefeempfehlungen für den jeweilig
gewünschten Bierstil befolgen. Kein chloriertes Brauwasser verwenden. Info.
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Abb. 19. Medizinaroma.
Phenolkomponenten sind die verursachenden Moleküle.
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Chlorophenol: Kunststoffe/Plastik
Aroma: Gewisse Chlorophenole lassen ein Aroma entstehen, das an Plastik, allgemein an Kunststoffe und
Iod erinnert. Weitere Umschreibungen: Heftpflaster, Leukoplast, Desinfektionsmittel, Spitalgeruch,
medizinisch, Mundspülmittel.
Test: Glas abdecken, schwenken und lange daran riechen.
Ursachen: Leitsubstanz: Styrol (syn. Phenylethen C8H8; GS: 20 μg/L). Info1. Info2.
Styrol: aus Kunststoffteilen irgendwo in der Braukette (Anlagenteile, Schläuche, Dichtungen);
ebenfalls für den pH-Wert von Bierwürze/Bier und Alkoholgehalt geeignet. Weitere Ursachen:
chloriertes Wasser, chlorierte Reinigungsmittel, chlorierte/iodierte Desinfektionsmittel (chemische
Reaktionen zwischen Alkohol und chlorierten Substanzen), Wildhefen.
Saison-Hefestämme können in geringen Mengen Phenole produzieren, die aber meist ins
Gesamtbukett passen.
Abhilfe: Lebensmittelechte und pH-/alkoholresistente Kunststoffe in Berührung mit Bier. Reinigungs-
und Desinfektionsvorschriften strikte einhalten (z.B. keine höheren Konzentrationen einsetzen).
Kein chloriertes Brauwasser! Mikrobiologisch sauber arbeiten (Wildhefeninfektion!). Siehe auch
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Abb. 20. Kunststoffaroma.
Kommen meist auch aus
Kunststoffen mit Bierkontakt.
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Metallisch: Eisen, Tintengeschmack
Aroma: Aroma nach Metallen, meist Eisen; auch mit Blut- und Tintennote beschrieben (vorne im Mund
und hinten im Rachen), Aluminiumfolie, münzenartig, bitter.
Test: Kleiner Schluck Bier auf Zunge verteilen und schlucken; Finger mit Bier auf Handrücken verteilen
und riechen.
Ursachen: Leitkomponente: Eisensulfat FeSO4, GS: 1.5-3 mg/L.
Würze in ungebrauchtem/frisch bearbeiteten Metallbehälter sieden (meist aus Eisen, Aluminium
oder Stahl, nicht aber Edelstahl). Kann auch aus metallischen Brauutensilien stammen (z.B. Keg,
Flaschenverschlüsse). Eisenhaltiges Wasser. Feucht und falsch gelagertes Malz (--> Lipidoxidation).
Abhilfe: Edelstahlausrüstung einsetzen. Eisenhaltige korrosive Gegenstände im Kontakt mit Bier meiden.
Aluminiumartikel in pH-Umgebung > 9. Immer frisches korrekt gelagertes Malz verwenden.
Eisenhaltiges Wasser (Fe > 1 mg/L) meiden (cf. "Brauwasser" hier > 2.9. Kenngrössen 8: Weitere
Wasserinhaltsstoffe > Eisen).
Abb. 21. Metallisches Fehlaroma.
Kommt kaum von Eisennägeln vor, wohl aber vom Kontakt mit eisen-
haltigen Braugerätschaften.
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Muffig: Schimmelig
Aroma: Pilzaroma: muffig, moderig, schimmelig, miefig.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Aromaträger: 2-Methylisoborneol. GS: 85 ng/L.
Schimmelpilze können im Bier oder der Bierwürze wachsen,
insbesondere wenn die Gärung in meist in feuchter, nasskalter
Umgebung abläuft.
Ebenso können verpilzte Malzkörner die Ursache von
Verschimmelung sein.
Abhilfe: Gärgefässe immer in trockener dunkler Umgebung
aufbewahren. Alle Brauausgangsstoffe auf
Verschimmelungsspuren untersuchen (Geruch, Aussehen,
Farbveränderungen). Keine Ingredienzien mit Pilz-/Schimmel-
spuren verwenden. Malz immer trocken und fern von Gerüchen
aufbewahren, da Malz Aromen aus der Umgebung aufnimmt.
Optimale Hygienepraxis.
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Abb. 22. Muffig-schimmeliges Fehlaroma.
Falsch gelagertes Malz ist meistens die Hauptursache.
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Alkoholisch: Franzbranntwein
Aroma: Übermässiger AlkoholaromaKomponenten von Aceton,
Farbverdünner; hinterlässt eine unangenehme "heiss-
brennende" Empfindung im Rachen.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Fuselalkohole wie Propanol, Butanol, Isobutanol oder Isoamyl-
alkohol als auch Phenolalkohole wie Tyrosol sind für den
Eindruck unangenehmer Alkoholnoten verantwortlich.
Kleine Konzentrationen dieser Alkohole können allerdings
in Bieren mit hohem Alkoholgehalt wie Barley Wines oder starke
Alebiere erwünscht sein. Ein sehr hoher Stammwürzegehalt und
eine zu hohe Gärtemperatur, aber auch eine unvollständige
Abtrennung von Heiss- und Kühltrub oder durch extreme
Temperaturwechsel gestresste Hefen sowie Oxidationsreaktionen
können diesen Aromafehler verursachen.
Abhilfe: Gärtemperaturen über 27 °C vermeiden. Biere die länger als zwei
Wochen im Primärgartank über dem Hefesediment sitzen, sollten
beim Transfer in den zweiten Behälter (Nachgärung oder Transfer-
behälter in die Bierflaschen) möglichst vollständig vom Hefesediment
(Geläger) getrennt werden.
Abb. 23. Zu ausgeprägtes Alkoholaroma.
Hohe Stammwürzewerte und hohe Gärtemperaturen begünstigen Fuselalkoholbildung.
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Grasartig: Rasenmähernote
Aroma: Duft nach frisch geschnittenem Gras, Rasenmäherduft. Bei gewissen hellen
Ales erwünscht.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Duftmolekül: cis-3-Hexenol, GS: 1 mg/L. Ursache dieses Fehlaromas ist
meist Schimmelpilz- oder Bakterien-befallenes Malz. Aldehyde können
sich gelegentlich auf altem Malz bilden, welche den grasigen Geschmack
verursachen können. Auch Hopfen, der nicht korrekt gelagert und
verpackt wurde, kann ähnliche Fehlaromen entwickeln.
Abhilfe: Malz immer an einem kalten, trockenen und dunkeln Ort lagern.
Malz immer auf Geruch, Geschmack, Farbe und Aussehen kontrollieren.
Malz möglichst unmittelbar vor dem Einmaischen schroten.
Selbst gezüchteten Hopfen vakuumiert einpacken und tiefgefrieren.
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Abb. 24. Grasartig.
Wird meist durch einen Malz-
oder Hopfenfehler verursacht.
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Schwefler: Faule Eier und Zündholz, Sulfidartiger Geschmack
Aroma: Duft nach Schwefel, abgebranntes Zündholz, faulende Eier, schwefelhaltige
Quellen, unbehandeltes Abwasser, Verfaulendes, Kanalisation, junger Weisswein.
Test: Glas schwenken und kurz riechen, evtl. wiederholen.
Ursachen: Leitsubstanz: Schwefeldioxid SO2 und Schwefelwasserstoff H2S (GS SO2:
3-7 mg/L, GS H2S: 4 μg/L), welches primär geruchsbildend ist. Nebenprodukt
beim Würzekochen, Fermentationsprozessen, Reifung/Lagerung (Hefeautolyse),
Aluminiumkontakt. Nicht wenige Lagerhefen können dominierende
Schwefelduftstoffe bilden, aber fast alle Stämme bilden Konzentrationen
unterhalb der Geruchsschwelle. Kann allerdings bei längerer Lagerzeit wieder
leicht zunehmen.
Auch: mikrobielle Infektionen (Zymomonas, Pectinatus)
Abhilfe: Die H2S-Bildung ist Nebenprodukt fast jeder Gärung, aber das gasige Kohlen-
stoffdioxid CO2 als weiteres Gärprodukt entfernt die schwefelhaltigen Neben-
produkte. Eine abgeschlossene Sekundärgärung sollte die letzten Schwefel-
duftstoffe reduzieren. Hefen unter Stress bilden eher H2S.
Hinweis: Sulfite SO3 2- (SO2 + H2O --> H2SO3 Schweflige Säure) halten Lager-
biere frisch. SO2 wird nur untergärig (Lagerbiere) produziert. H2S wird ober-
und untergärig produziert.
Weitere Hinweise: Würze ausreichend belüften, korrekte Hefegabe, Zn-Mineralstoffzugabe (Hefe-Nährstoffe), korrekte Hefestamm-
geeignete Fermentationstemperatur, gute Hygienemassnahmen.
Bakterielle Infektionen, Hefe-Autolyse ausschalten.
Info.
Abb. 25. Fehlaroma schweflig.
SO2 und ganz besonders H2S sind für die Nase unverkennbar schweflig, Assoziationen an faule Eier.
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Hefearoma: Hefebrot, ganz schwach-schweflig
Aroma: Duft nach nach reiner Hefe, nach mit Hefe gebackenem Brot, schwach oder stärker
schweflig je nach Alter des Bieres.
Test: Glas schwenken und kurz riechen.
Ursachen: Wenig vitale oder mutierte Hefen können einen typischen Hefegeschmack ans Medium
abgeben: Bier das längere Zeit auf einem Hefesediment sitzt, löst eine Hefeautolyse aus
und harsche sowie unangenehme schweflige Aromen werden freigesetzt.
Jungbier: wenn die Flockulierung noch nicht abgeschlossen ist.
Bier im Trinkglas: wenn Hefesatz mitausgeschenkt wird. Info Autolyse.
Abhilfe: Für Nachgärung in separaten Gärbehälter/Bierflaschen sorgfältig mit möglichst wenig
Hefegeläger umsaugen. Wenig Hefen sind unumgänglich bei einer Zuckerkarbonierung
in der Flasche.
Beim Ausschenken die letzten mL Bier in der Flasche belassen, möglichst nicht
aufwirbeln.
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Abb. 26. Fehlaroma hefig.
Die Hefe-Autolyse kann den typischen Hefegeschmack auslösen
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Süssearoma: einfach zu aufdringlich süss
Aroma: aufdringliche Süsse oder einfach zuckerig, sirupig, marmeladig, süssliche
Würze, übersättigend süss, an Bonbon erinnernd.
Test: kleinen Schluck auf die Zunge und kosten.
Ursachen: Extrakt wurde nicht weit genug abgebaut (blockierte Fermentation
[stuck fermentation].
Zu viele unvergärbare Zucker in der Bierwürze (falsches Maischprogramm,
defektes Thermometer). Übermässiger Einsatz von Caramalzen (> 10% der
Schüttung).
Hefestamm ohne hohe Alkoholtoleranz in einem Bier mit hohem Stammwürze-
gehalt kann zu viel Restsüsse übrig lassen.
Ein zu rascher Temperatursturz kann Hefen blockieren und die Fermentation
stoppen.
Ungünstiges Hopfenbitterkeit: Bitterkeit kann Süsse maskieren.
Abhilfe: Brautechnisch: Maltoserast verlängern; bei niedrigerer Temperatur nachgären;
evtl. gesamten Sud mit Malz oder Zucker versetzen und im Braugefäss erneut
mit Hefe vergären ("Aufkräusen") und wieder zum richtigen Zeitpunkt abfüllen.
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Hohe Hefequalität und korrekte Hefe-Anstelldichte (Hefestarter!). Geeigneten
Hefestamm für gewünschten Bierstil auswählen (stark flockulierende Hefen
können sich u.U zu früh absetzen bevor die Gärung vollständig ist).
Für trockenes Bier: Hefe mit hohem Vergärungsgrad auswählen. Für hochprozentigere Biere genügend Hefenährstoffe zugeben.
Fermentationstemperaturen messen und tiefere Werte als empfohlener Temperaturbereich meiden.
Vor der Hefeanstellung genügend belüften.
Schlafende Hefen durch sanftes Schwenken aufwirbeln und langsam Temperatur erhöhen; evtl. eine zusätzliche Dosis Hefen zuführen.
Verhältnis von Bitterkeit in IBU zu Stammwürze in GG% (Gewichtsprozente) sollte > 1.5 sein.
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Abb. 27. Zu süss.
Kann ganz verschiedene Ursachen haben.
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Ziegenstall: bockig
Aroma: nach Ziegenstall. Ranziger Geruch und brennender Geschmack.
Test: Glas abdecken, schwenken und lange riechen.
Ursachen: Leitsubstanz: Octansäure (syn. Caprylsäure CH3-(CH2)6-COOH = C8H16O2;
GS: 5 mg/L.
Typisches Anzeichen einer bakteriellen Infektion.
Abhilfe: keine, nur Entsorgen.
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Abb. 28. Ziegenduft.
Im Stall akzeptabel, im Bier gar nicht.
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Bittere: unangenehme Bitterkeit
Aroma: Biere sind bitter, aber das Problem liegt bei der Bitterquantität und Bitterqualität, wenn sie unangenehm kratzig oder gar adstringierend
ist. Bitterstoffe werden als eine der 5 Grundgeschmacksarten von der Zunge wahrgenommen und i.d.R. vom Hopfen verursacht. Meist
handelt es sich um Hopfensorten mit hohem alpha-Säuregehalt.
Ursachen: Viele Bitterstoffe im Bier sind erwünscht und bestimmen auch die Bierqualität, deren Komplexität und Balance. Im Folgenden werden
verschiedenste Bitterstoffe und deren Auswirkungen zusammengestellt (Substanzbezeichnung - Charakterisierung - Probleme):
1. Iso-α-Säuren Leitsubstanz der Bierbitterkeit, entsteht beim Würzekochen falsche Annahmen bei Berechnung
durch Isomerisierung der α-Säuren, f(Temp. + pH) Nachisomerisierung nach Kochende
2. β-Säuren Weichharze des Hopfens mit geringerer Bitterkeit positive Auswirkung auf Bittere-Harmonie
3. Polyphenole PP aus Getreidespelzen (unedler) und Hopfen (edler) zu hoher pH beim Maischen und Läutern --> verstärkte
Hopfen-PP --> Abrundung und Vollmundigkeit Auslaugung
zu hohe Hopfengaben (zu spät) oder zu niedrigerer
α-Säuregehalt --> pelzig, adstringierend
4. Eiweiss-Gerbstoff- Proteine aus Malz + Polyphenole --> EGK und können zu hoher Würze- und Bier-pH --> unzureichende Abtrennung
Komplex EGK als Teil des Heiss- und Kühltrubs sedimentieren ungenügende Kochung, proteinreiche Malze,
schlechte Klärung beim Ausschlagen der Würze (Whirlpool)
zu wenig Kälte bei Lagerung
5. Sulfate/Mg-Sulfate Brauwasser, Malz MgSO4 gilt als Bittersalz, c im Brauwasser meist < 50 mg/L:
deutlich kleiner als Malz-MgSO4-Eintrag (Grössenordnung
70-150 mg/L) --> Stammwürzegehalt °P ist kritischer.
hopfenbetonte Bierstille wie Pils, IPA mit erwünschtem hohem
​ Sulfatgehalt von 150-250 mg/L: Sulfate als Braugips CaSO4
dosieren.
Restalkalinität* berechnen (cf. hier) und evtl. bierstiltypisch
anpassen *: meist zu hoch.
6. Hopfenpartikel Hopfenpartikel im Bier --> beissende bis pelzige Bitterkeit Meist Folge des Hopfenstopfens (bes. bei hohen Mengen und
aus Hartharzen und Polyphenolen kurzen Verweil-/Lagerzeiten.
7. Phenole Bestimmte phenolische Substanzen (z.B. 4-Ethylphenol) meist bei Kontamination durch Wildhefen
+ Hefen --> krautige, harte Bitterkeit
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Abhilfen: Optimale pH-Werte beachten (Richtwerte z.B. Maische pH 5.4-5.6; Läuterwürze pH < 6.0;
Pfannenvollwürze (Gesamtmenge vor Würzekochen) pH < 5.6; Bier pH 4.2-4.6.
Restalkalität bestimmen.
Hopfenmenge und Hopfensorte (α-Säuregehalt!) variieren, auch brautechnische
Rahmenbedingungen wie pH und Temperatur, evtl. Sudkochzeit verringern.
Möglichst mikrobiell sauber arbeiten, d.h. bakterielle Kontaminationen vermeiden.
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Info: Topartikel "Unangenehme Bittere": A. Staudt brau!magazin D. Carpenter Astringency .
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Abb. 29. Bierfehler: Unangenehme Bitterkeit.
Nicht nur zu viel Hopfen kann schuld sein ....
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Ausgewählte Bierfehler: Bieroptik, Kahmhaut
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Biertrübung: milchtrüb und aromaschwach
Ursachen: Trübung: kleine Partikel bleiben länger in der Schwebe und streuen das
Licht --> Trübung.
Klärung: möglichst vollständige Abtrennung von Partikeln aus Malz,
Hopfen und evtl. anderen Zutaten durch Sedimentation (Trubpartikel
> 0.1 μm ≡ biologische Trübung, Proteinflocken sedimentieren gut;
Trubpartkel 0.001 - 0.1 μm ≡ Protein-Gerbstoff-Komplexe,
Stärkepartikel sedimentieren schlecht),
und Zentrifugation.
Stabilisierung: Verhinderung von Trübung nach Klärung durch Faktoren
wie pH-Wert, Temperatur, Bieralterung.
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Trübungsauslöser:
1. Biologische Trübung durch Mikroorganismen (Kontamination durch
Wildhefen und Fremdbakterien)
2. Chemisch-physikalische Trübung durch organische Stoffe wie Proteine
(ET-Trübung) , Eiweiss-Gerbstoff-Komplexe EGT-Trübung), Stärke-
und Glucan*trübung SGT (*Polysaccharide aus Glukose, in Zellwänden
von Getreide, Ballaststoffe, Info). Auch anorganische Stoffe können
eine Trübung verursachen: Oxalattrübung (Malz-Oxalsäure C2H2O4
[HOOCCOOH] als Oxalationen C2O4 2- + Malz- und Brauwassercalcium
Ca2+ (c > 50 mg/L) --> Calciumoxalat CaC2O4 ↓ [↓: Ausfällung, da schwer-
löslich]).
Abhilfen: -->: bedeutet positive Auswirkung auf
1. Rohstoffe: Malze: proteinreiche Malze meiden (z.B. Weizen), wenig(er) Rohfrucht --> ET
Schrotung: grob schroten, Konditionierung mit Wasser (= Nassschrotung) --> EGT
Schrotung: ohne Verletzung der Spelzen, Nasskonditionierung --> SGT
2. Maischen: Eiweissrast bei schlecht lösbaren ("unterlöste") Malze und Rohfrucht (Info) --> ET
Nachgüsse: Gefahr der Polyphenol-Auslaugung, daher Temp. < 80 °C, Menge beschränken --> EGT
Vollständige Verzuckerung, Iodprobe, Abmaischtemp. < 80 °C --> SGT
3. Würzekochen: Wallende Kochung --> Koagulation wasserunlöslicher Eiweisse, pH < 5.4 --> klare Bierwürze --> ET
Zu lange Kochzeiten --> Polyphenol-Auslaugung; Hopfen mit niedrigen Alphawerten, Kochen bei zu hohem pH > 5.4 --> EGT
4. Gärkeller: Vollständige Abtrennung Heisstrub und Kühltrub; sinkender pH-Wert bei Primärgärung --> ET
Genügend vitale Hefen anstellen (cf. Mikrobiologisches Braulabor hier > Braulabor 19: optimale Anleitung optimale
Anstellzahl, sowie Braulabor 22: Hefevitalität, Anleitung hier) --> ET
Stopfhopfen: weniger + kürzere Kontaktzeit.
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5. Klärung + Stabilisierung Jungbier:
Kühltrub: durch möglichst rasche Abkühlung und intensive Bewegung fallen Protein-Gerbstoff-Komplexe aus, je kälter, desto
mehr; Entfernung durch Sedimentation und Filtration
Hilfsstoffe: verbessern und beschleunigen die natürliche Klärung. Bsp.: Irish Moss --> Proteine/ Gelatine --> Hefe,
Gerbstoffe, Polyphenole, z.T. Proteine/ Hausenblase --> Hefe, Gerbstoffe, Polyphenole, z.T. Proteine/ Kieselsol (Littosol) -->
Proteine/ PVPP --> Polyvinylpolypyrrolidon (Divergan, Crospovidon; Info Schönungsmittel/ Info Funktionsweise
Schönungsmittel).
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Wichtige Anmerkung: gewisse Bierstile sind gekennzeichnet durch eine natürliche Trübung, z.B. Hefeweizen, belgisches Witbier (z.B.
Blanche de Namur), naturtrübe Biere (z.B. Säntisbier naturtrüb), Zwicklbier.
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Info Biertrübung: A. Staudt brau!magazin .
Abb. 31. Bierfehler: Biertrübung.
Ganz verschiedene Ursachen, ebenso viele Abhilfemöglichkeiten
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Mineralisch: salzig
Aroma: mineralischer Geschmack nach Salzwasser. Salzig schmecken vor allem Nahrungs-
mittel, die mit Speisesalz (= Kochsalz) versetzt sind. Chemisch ist dafür das Kristallsalz
bestehend aus Natrium und Chlorid (= Natriumchlorid NaCl) verantwortlich. Auch
Mineralsalze etwa aus Kalium oder Magnesium können die Salzempfindung
auslösen.
Test: Kleine Bierprobe auf der Zunge verteilen und an den Zungenrändern Eindruck
wahrnehmen.
Ursachen: Leitsubstanz: Natriumchlorid NaCl, Ca-Ionen Ca2+.
Brauwasser mit zu hoher Salzkonzentration.
Aufsalzung durch Wasseraufbereitung. Einsatz von Kationentauscher (--> Austausch
von Ca2+-Ionen gegen Na+-Ionen.
Ca2+-Ionen bei c > 200 mg/L.
Abhilfe: Brauwasser überprüfen. Brauwasser aus ention. Wasser aufbereiten. Geeignetes
Trinkwasser von anderem Standort beschaffen.
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Abb. 30. Bierfehler: Mineralisch oder salzig.
Aus salzreichen Quellwasser wurde früher in Scuol (Unterengadin, Kanton Graubünden, Info) Salz gewonnen, hier z.B. das Taraspersalz durch Verdunsten des Lucius Wassers (Natrium: 3'525 mg/L, Chlorid: 1'966 mg/L, Calcium: 650.5 mg/L, Kalium: 131.1 mg/L (Info). Solches Quellwasser wäre natürlich denkbar ungünstig zur Bierherstellung.
P.S. Das "BE Biera Engiadinaisa" weist natürlich keinen Bierfehler auf .....
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Kahmhaut: unerwünschter Biofilm
Aroma: häufig Fehltöne nach Lösungsmittel, Phenole, auch: medizinartig, krautige
harte Bittere. Info.
Ursachen: fakultativ aerobe Mikroorganismen + Sauerstoff O2 + Zeit --> Biofilm
("Schwimmteppich" auf Bieroberfläche, Mikroorganismen z.B. Essigsäure-
bakterien, Hefen der Gattung Brettanomyces, evtl. auch humanpathogene
Keime). O2 ist ganz entscheidend zur Entstehung einer Kahmhaut, der
Ausschluss von O2 grundlegend, aber schwierig.
Schimmel: darf unter keinen Umständen mit einer Kahmhaut verwechselt
werden; einfaches Merkmal: typisch flauschig-haariges, wattig-fädiges
Aussehen (vgl. Braulabor 26 pdf-Anleitung hier > Abb. 5). Gefahr der Bildung
von Toxinen. Einzige Abhilfe: entsorgen!
Abhilfen: möglichst mikrobiell sauber arbeiten, d.h. bakterielle Kontaminationen
vermeiden, z.B. Gärbehälter möglichst wenig öffnen, wenig Proben
entnehmen, O2-Eintrag minimieren (z.B. durch anschliessende Begasung
mit CO2. Nach Ende der Hauptgärung möglichst rasch zur Nachgärung
überführen, dann zur Kühlung.
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Info Kahmhaut: A. Staudt brau!magazin Matt Humbard Pellicle .
Abb. 32. Kahmhaut.
Typische Kahmhaut unten, darüber Lactobacillen-/ Brettano-myces-Häutchen. Quellen: HomeBrew, Naiserie
6. Zusammenfassung: Hauptfehler --> Bierfehler & Fehlaromen
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Abb. 33. Allgemeine Faktoren, welche zur Bildung von Bierfehlern/ Fehlaromen führen können
7. Anhang: Verkostungsschema
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Vor der Verkostung:
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Das passende Glas: Bier gehört ins richtige Glas.
- Kleine Bierglaskunde "Bierdiarium" hier.
- Vorschläge des Schweizer Bier-Verbandes hier.
- Dem Bierstil angepasst: Craft Bier Bierglasformen hier.
- iersommelier-Degustationsglas: Teku-Glas von Rastal hier
​
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Das saubere Glas: zunächst muss es korrekt gereinigt sein, d.h. fettfrei, mit einem
Glasspülmittel von Hand reinigen und abschliessend mit klarem Wasser nachspülen.
Wenn polieren dann nur mit einem richtigen Glastuch. Info Gläserpflege.
​
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Bier korrekt ins Glas einschenken: Info
- Glas in eine leichte Schräglage bringen (Hefeweizenglas: nur ganz leicht neigen,
langsam einfüllen)
- Bier sollte mit Schwung über den Glasrand fliessen.
- Bier sollte beim Einschütten Sauerstoff aufnehmen --> verstärkt den Geschmack.
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-
Die richtige Biertemperatur:
- das Bier darf nicht zu kalt sein
- meist günstig: 7 - 9 °C
- je höher der Alkoholgehalt, desto höher die Temperatur
- Faustregel: lieber etwas höhere Biertemperatur zur besseren Aromaentfaltung
- Optimale Biertemperatur Bierstil-spezifisch: hier
​
-
Ebenfalls zu beachten:
- Umgebung/Raum: geruchsfreier Ort (z.B. kein Rauch)
- bei Mehrfachverkostung: Reihenfolge mit aufsteigendem Alkoholgehalt, nicht mehr als
ca. 7 Biere verkosten
- Geschmack neutralisieren: nach jeder Verkostung mit stillem Wasser und etwas Weissbrot
​
Verkostung:
Bei der Verkostung von Bier konzentriert man sich auf folgende Eigenschaften:
​
Auge/Optik
1. Schaum: Farbe: weiss, gelblich, bräunlich, braun.
Struktur/Feinheit: cremig, feinporig, grobporig, gleichmässig/ungleichmässig,
durchschnittliche Porengrösse
Schaumvolumen/Menge: zu viel, gut, wenig Schaum, kein Schaum
Schaumstabilität: gut (> 5 min), mässig (ca. 5 min), schlecht (< 5 min)
Haftungsvermögen am Glas: keine, vereinzelnd, deckend
Beispiel: hervorragend, kräftig, feinporig, sahnig, feincremig, gut haltbar, haftet am Glas.
​
2. Farbe: hellgelb, gelb, strohfarben, goldgelb, bronzefarben, bernsteinfarben, goldbraun,
dunkelbraun, kupferfarben, kastanienfarben, mahagionifarben, mokkafarben,
schwarzbrau, tiefschwarz.
Die Farbe wird in EBC angegeben (European Brewery Convention, cf. "Braukultur damals
+ heute" hier > Bierfarbe, sowie "Physikalisch-chemisches Braulabor" hier > 12.3. Farb-
stärke, sowie Anleitung hier). Tophilfe: App "Beer Judge" mit US-SRM-Analyzer (Info).
​
3. Klarheit: blank, klar, matt, leicht opal, leicht milchig, kräftige Trübung und opak.
Trübung
​
Nase/Duft mit leicht geöffnetem Mund den Duft und Aromen durch die Nase einziehen,
durch die Nase wieder ausatmen, aber nicht ins Glas.
4. Geruch: Duft der Biere: sehr vielfältig, abhängig von Biersorte.
Beispiele: rein, hopfenaromatisch, malzaromatisch, karamelig, kräftig, alkohol-
aromatisch, süsslich, rauchig, nach Fruchtaromen (Banane, Zitrone, Aprikose), nach
Gewürzaromen (Nelken, Kardamon), obergärig (hefig).
​
Zunge/Geschmack
5. Antrunk: erster Schluck --> erster Geschmackseindruck: Mundgefühl, Körper des Bieres:
z.B. leicht, schlank, samtig, weich, süffig, abgerundet, sortentypisch, vollmundig, malzaromatisch, schwer, würzeartig
​
6. Rezenz: Frischeeindruck des Bieres: z.B. angenehm, schaumig, moussierend, rezent, spritzig, lebendig, prickelnd, frisch
​
7. Geschmack Gras, Zitrusfrüchte, Rauch, Harz, Holz, Honig, Südfrüchte, Kakao, frisch gebackenem Bauernbrot, Blumen, Melone, grüne Früchte, Mandeln,
Aromavielfalt: Bitterschokolade, Cognac, rote Beeren, Waldfrüchte, Gewürze, Karamell, Vanille, Nüsse, Trockenfrüchte u.v.m
​
8. Bittere: kaum wahrnehmbar, leichte Bittere, gut wahrnehmbar, deutliche Bittere, kräftige Bittere, markante Bittere, extreme Bittere.
​
9. Nachtrunk: Abgang, Nachklang: intensiv, anhaltend, rasch.
Eindruck: Ausgewogen, rund, nicht anhängend, harmonisch ausklingend, elegant, kräftig betont, feinherb, trocken, feinbitter.
​
Weiterführende Info zur Bierverkostung:
Einen äusserst ausführlichen und tiefschürfenden, kriterienreichen Vorschlag eines Verkostungsberichtes ist bei Jan Brücklmeier, Bier Brauen, S. 442-443 zu finden (Info, Buch).
Einen einfachen Verkostungsbogen findet sich in der pdf-Broschüre des Deutschen Brauer Bund "Was für ein Genuss. Tipps zur Bierverkostung": cf. hier.
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Abb. 35. Bierverkostung.
Hoffentlich mit dem Ergebnis: "Welch ein Genuss!"
Abb. 34. Biergläser und Bierstil.
Ein passendes Bierglas zum entsprechenden Bierstil ist Teil des Gesamtgenusses.
Becher: Altbier, Spezialbier
Kölschstange: Kölschbier
Schale: Berliner Weisse, Weizenbier
Bierstiefel: Lagerbier
Flöte: leichte Edelbiere
Masskrug: für alle Biere
Schwenker: dunkles Bier, Spezialbier
Stoutglas: Stoutbiere
Glaskrug: Universalbehälter für Bier
Pintglas: klassisches Glas für Alebiere
Stange: Pilsbier, Lagerbiere (in der Schweiz Standardglas)
Weissbier: Weizenbiere (Hefeweizen. Weissbiere)
Tulpe: Pilsbier, Schwarzbier
Kelch: für Edelbiere und kleine Bierproben
Pokal: meist für Pilsbiere
Steinkrug: Universalbehälter für Biere
Willybecher: Lagerbiere (in Deutschland das Standardglas)
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Weiterführende Informationen zu Bierfehler/ Fehlaromen:
-
Barnes, Thomas. The Complete Beer Fault Guide v. 1.4.: cf. hier.
-
MoreBeer!/ MoreFlavor. "Off" Flavors In Beer. Their Causes & How to avoid them: cf. hier.
-
Carr, Nick. 18 Common "Off" Flavors in Beer (and How they are caused): cf. hier.
-
Brad, Smith. Judging Off Flavors. In: Brew Your Own: cf. hier.
-
Winning Homebrew. Off-Flavors in Your Beer-Detection. Identification and Prevention: cf. hier.
-
Jan, Brücklmeier. Bier Brauen. Grundlagen, Rohstoffe. Brauprozess (S. 413-421): cf. hier.
-
Wolfgang, Kunze. Technologie. Brauer & Mälzer. Kap. 7.2 Geschmack und Schaum: cf. hier.
-
John J., Palmer. How to Brew, Common Off-Flavors and Aromas (p. 449-457): cf. hier. Info.
-
brau!magazin: Kategorien > Bierfehler des Quartals (pro Jahr = 2 Hefte --> 1 Bierfehler)
-
Hobbybrauer Wiki: Bierfehler
-
Minnesota Home Brewer Association. Off Flavor Flash Cards.
-
Staudt, Andreas: brau!fehler - Bierfehler des Quartals (10 Artikel): hier
​
zu Bieraromen/ Biergeschmack allgemein:
-
Aromen im Bier: 27 Aromen die dich verblüffen werden. Info
-
Honey, C. Was den Geschmack von Bier bestimmt. Info
-
Experten Tipp: So erkennst du mehr Aromen in Craft Beer. Info
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Kennenlernen von Fehlaromen
-
Fehlaromen-Workshop/Seminar: Der beste Weg ist natürlich der Besuch eines Sensorik- und Aromenseminars zu Fehlaromen/Fehlgeschmack (Beispiele: Info 1, Info 2, Info 3 [Junior Beer Judge]).
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Erwerb eines Aromentraining-Tools: Selbsttraining zuhause mithilfe z.B. Flavor AktiV: Beginner Beer Sensory Kit (Level 1), Enthusiast Brewer Sensory Kit (Level 2), Professional Beer Sensory Kit (Level 3): cf. Info. Aromastifte des Institut Romeis: Aromastifte für die Sensorik von Bier, z.B. Bier - Gärungsnebenprodukte 2, Info.
Videos zu Fehlaromen
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Lallemand: Yeast Flavor Control (Minilehrgang). Info ( > evtl. Restart)
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Leseprobe zum Thema: Diacetyl.
MUG
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19.08.2024